WOMAN OF THE YEAR 2022 Laura Meyer

Medien

WOMEN IN BUSINESS – Christine Meier

Laura Meyer, seit 2021 CEO der Hotelplan Group, ist «Woman of the Year 2022». Im Interview spricht die Digitalexpertin über ihre Zeit als Krisenmanagerin, darüber, wie der Tourismus der Zukunft aussieht und wo sie als Tourismus-Expertin mit ihrer Familie die Festtage verbringen wird.

WOMEN IN BUSINESS: Liebe Laura Meyer, herzliche Gratulation: Sie sind von einer Community aus erfolgreichen, starken Wirtschaftsfrauen zur «Woman of the Year» gewählt worden. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Laura Meyer: Der Preis ehrt mich sehr. Ich nehme ihn stellvertretend für alle Mitarbeitenden der Hotelplan Group an. Dank ihrer hervorragenden Leistung und ihrem grossem Engagement stehen wir heute da, wo wir sind – und dies nach zwei sehr herausfordernden Jahren.

In der grössten Krise, die die Tourismusbranche je erlebt hat, haben Sie Anfang 2021 bei der Hotelplan Group das Steuer als CEO übernommen. Im Jahr zuvor hatte das Unternehmen fast die Hälfte des Umsatzes verloren, über 100 Millionen Franken Verlust gemacht, mehrere hundert Stellen wurden abgebaut.
Ja, der Einstieg war sicher anspruchsvoll. Die Unsicherheiten waren gross. Ein Vorteil war allerdings, dass ich das Unternehmen bereits kannte, da ich seit 2018 Verwaltungsrätin bei Hotelplan Group war.

Sie waren gerade mal 40 Jahre alt und traten Ihren ersten CEO-Job gleich als Krisenmanagerin in einem Unternehmen mit rund 2000 Mitarbeitenden an. Ganz schön mutig!
Vielleicht. Anderseits war für mich klar, dass die Pandemie eines Tages vorbei sein wird und die Menschen dann wieder reisen wollen – Reisen ist ein wichtiger Teil von Lebensqualität! Als Tochterunternehmen der Migros waren und sind wir in einer privilegierten Situation. Insofern verstand ich den Einstieg als CEO in so einer Zeit auch als Chance! Und ja: Ich mag Herausforderungen. Ich muss etwas bewegen können, ich möchte mit Leuten arbeiten, die – wie ich auch – mit Leidenschaft dabei sind und anpacken können.

Woher kommen eigentlich diese innere Stärke, die Sie ausstrahlen, der Wille, immer weiterzugehen, die Lust, grosse Herausforderungen anzupacken?
Ich war schon immer sehr neugierig und abenteuerlustig. Mein Mann findet das zwar teilweise immer noch anstrengend (lacht). Ich komme aus einer Familie mit starken Frauen. Meine Urgrossmutter führte eine Schreinerei und hatte fünf Kinder, meine Grossmutter war eine der ersten Gemeinderätinnen in Zürich, meine Mutter hat mit 50 Jahren nochmals ein Studium angepackt. Dazu kommt: Ich habe schon früh mein eigenes Geld verdient. Während des Gymnasiums und Studiums habe ich gejobbt, im Kino oder in Restaurants. Das hat mich belastbar und unabhängig gemacht. Aber auch meine Auslanderfahrungen haben mich weitergebracht.

Wo waren Sie unterwegs?
Wir sind schon mit unserer Mutter viel gereist, während des Studiums habe ich ein Jahr in Spanien verbracht, in meiner Zeit als Unternehmensberaterin war ich in mehr als zehn Ländern auf vier Kontinenten unterwegs.

Im Vorfeld der Bundesratswahl kam die Diskussionen auf, ob man das Amt überhaupt ausüben kann, als Frau mit jüngeren Kindern. Sie selber sind Mutter von zwei fünf- und sieben-jährigen Buben – Ihre Meinung?
Dazu kommt mir ein Zitat der deutschen Managerin Janina Kugel in den Sinn «Kinder und Karriere geht schon, ist halt sauanstrengend». Was es zwingend braucht, ist eine gute Betreuungsstruktur. Ich habe das grosse Glück, einen sehr engagierten Mann zu haben und überhaupt ein sehr unterstützendes familiäres Umfeld. Dafür bin ich enorm dankbar.

Was ist bei der Vereinbarkeitsdebatte wichtig aus Unternehmenssicht?
Firmen sollten einen Rahmen schaffen, der jungen Eltern ermöglicht, weiterhin anspruchsvolle Jobs zu leisten. Flexibilität ist wichtig, für Mütter und Väter. Bei der Hotelplan Gruppe ermöglichen wir deshalb zum Beispiel, dass die von uns überobligatorisch geleistete Mutterschaftszeit durch den Mann bezogen werden kann. Ausserdem haben wir die Vaterschaftszeit auf vier Wochen erhöht.

Von jungen, kompetenten, gescheiten Frauen höre ich in meinen Coachings regelmässig, sie würden sich einen Job im Management nicht zutrauen. Sie meinen, sie seien nicht gut genug.
Ja, ich weiss, dass kommt immer noch vor. Schade. Und ganz ehrlich, manchmal ärgere ich mich etwas darüber.

Warum?
Auch wenn es bestimmt noch herausfordernd ist und auch grosse Branchenunterschiede gibt – die Zeiten für Frauenkarrieren waren doch noch nie so gut wie heute!

Was möchten Sie diesen Frauen zurufen?
Traut euch und sucht einen Job, der Spass macht, bei dem ihr etwas bewegen könnt, immer wieder Neues lernt und gefördert und gefordert werdet. Das gleiche gilt natürlich auch für Männer!

Sie haben ursprünglich Rechtswissenschaften studiert, dann einen MBA gemacht, Sie waren weltweit für McKinsey in der Beratung tätig oder auch bei der NZZ, wo Sie seit kurzem im Verwaltungsrat Einsitz haben. Vor Ihrem Wechsel zu Hotelplan waren Sie Head of Digital Distribution & Analytics bei der UBS. Was ist der rote Faden in Ihrer Karriere?
Mich haben Veränderungen und was diese für Unternehmen bedeuten, immer interessiert: die digitale Transformation, ein sich stetig veränderndes Kundenverhalten, Nachhaltigkeit. Alles Themen, die auch für die Tourismusbranche zentral sind.

Wie gut hat sich die Hotelplan Group seit der Pandemie erholt?
Die Pandemie hat eindrücklich gezeigt, wie wichtig vielen Menschen das Reisen ist. Es hat sich ein effektiver Nachholbedarf aufgestaut. Wir sind zufrieden mit dem Sommer- und Herbstgeschäft. Die Unsicherheiten bleiben aber gross: Inflation, politische Unsicherheiten, Pandemie – in unserer Branche bleibt es anspruchsvoll.

Während der Pandemie hatten sich viele Leute gewünscht, dass sie ihre Reisen in einem Reisebüro gebucht hätten, statt über anonyme Online-Plattformen, wo sie sich mit den Stornierungen selbst herumschlagen mussten. Wird heute wieder mehr im Reisebüro gebucht?
Ja, wir haben tatsächlich nicht nur im Geschäftsreisenbereich, sondern auch bei den Freizeitreisen, viele Neukundinnen und Neukunden gewonnen. Ihnen geht es um die Sicherheit und das Vertrauen, die wir als Reiseveranstalter bieten. Einige haben während der Pandemie Geld verloren, weil sie ihre Reise selbst zusammengestellt hatten. Mit uns hat keine Kundin, kein Kunde und kein Partner Geld verloren – darauf bin ich stolz.

Grundsätzlich gehen die Buchungen im Reisebüro aber zurück.
Das ist richtig, der Anteil des Online-Reisemarkts steigt. Auch wir generieren etwas über die Hälfte des Umsatzes über unsere Onlineplattformen. Aber ich erinnere gern daran, dass die Reisebüros schon vor mehr als zehn Jahren totgesagt wurden, als die grossen digitalen Plattformen in den Markt drängten. Und es stimmt, einige, auch namhafte Reisebüros, sind verschwunden. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass es auch in Zukunft einen Wert hat, wenn Expertinnen und Experten bei der Reiseplanung unterstützen. Ob diese in Reisebüros sitzen, online, per Videocall oder von mir aus im Metaverse beraten, ist zweitrangig.

Buchen kann man seine Reisen schon seit Jahren digital. Wie wird die Digitalisierung die Reisebranche zusätzlich transformieren?
Kundenbedürfnisse sind unterschiedlich. Gewinnen werden diejenigen, die es schaffen, über alle Kanäle hinweg personalisiert, und im richtigen Moment die relevanten Inspirationen und Informationen zu liefern. Deshalb ist auch unser Credo: Wo auch immer wir digitale Angebote anbieten, stehen unsere Kundinnen und Kunden im Zentrum. Wir fragen uns: Was brauchen Sie? Was bringen ihnen die digitalen Services und ganz wichtig: sind sie einfach nutzbar? Bei Hotelplan Suisse zum Beispiel führen wir Beratungsgespräche auch per Videotelefonie. Ausserdem haben wir einen virtuellen Berater und unser Inspirationstool Holiday Finder eingeführt; Kundinnen swipen sich damit zum perfekten Ferienmatch.

Welche Rolle spielen die Social-Media-Kanäle?
Sie sind besonders in der Inspirationsphase wichtig. Es gibt ja diese sogenannten Once-in-a-Lifetime-Destinationen oder auch Locations, die als besonders Instagram-tauglich gelten. Diese sind wahre Magnete für die Social-Media-Community. Man schaut sie gerne an und kommt in Stimmung, selbst eine Reise zu buchen.

Wenn man Digitalexperten Glauben schenken will, wird sich unser Leben zunehmend in den virtuellen Raum verschieben. Welche Rolle spielt Virtual Reality in Ihrer Branche?
Virtual Reality wird sicher an Bedeutung gewinnen. Stellen Sie sich vor, Sie sind im Reisebüro, setzen eine VR-Brille auf und können zum Beispiel durch das Hotel schlendern, das Sie bislang im Prospekt oder auf der Webpage angeschaut haben. Da bekommen Sie doch einen ganz anderen Eindruck.

Warum haben Sie dann Ihr VR-Testprojekt 2017, das Sie in einigen Reisebüros durchführten, wieder abgebrochen?
Ganz einfach: Weil wir viel zu früh waren. Wir hatten zu wenig Content, das heisst, es gab nicht genug Material zum Anschauen. Aber glauben Sie mir, die Frage ist nicht, ob dieses Angebot kommt, sondern, wann. Die Reiseveranstalter, Hotels, Destinationen, Anbieter von Kreuzfahrten – niemand kann sich erlauben, diese Entwicklung zu verpassen.

Warum soll ich mich künftig mit tausenden Touristen durch Venedig zwängen, wenn ich dank VR gemütlich von zu Hause aus durch die Lagunenstadt schlendern kann?
Wir sind uns sicher einig – Sie werden niemals das gleiche Gefühl haben, wenn Sie virtuell auf dem Sofa unterwegs sind, als effektiv vor Ort. Wenn Sie traditionell reisen, lassen Sie Ihren Alltag zurück und tauchen in neue Welten ein, die wirklich alle Sinne berühren. Aber wie bereits gesagt: Als Quelle der Inspiration wird virtuelle Realität sicher grossartig sein.

Ein weiteres wichtiges Thema für Sie ist Nachhaltigkeit.
Ja, das Thema liegt mir nicht nur als CEO eines Reiseveranstalters, sondern auch persönlich sehr am Herzen. Gerade als Mutter bin ich sehr besorgt darüber, in welchem Zustand wir unseren Planeten den nächsten Generationen hinterlassen. Das Thema Nachhaltigkeit darf niemanden kalt lassen.

Wie sieht die Nachhaltigkeitsstrategie von Hotelplan aus?
Wir verfolgen eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie mit ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten. Nachhaltigkeit ist ein äusserst komplexes Thema. Nur schon an der Frage, wie sie gemessen wird, scheiden sich die Geister. Wir engagieren uns deshalb auch aktiv bei der der Branchenorganisation Futouris für mehr Transparenz, einheitliche Berechnung und Darstellung von CO2-Emissionen.

Bleiben wir kurz bei den ökologischen Aspekten. Wollen Ihre Kunden zunehmend klimafreundlich reisen?
Ja, immer mehr Kundinnen und Kunden wollen ihre CO2-Emissonen beim Reisen reduzieren. Wir möchten ihnen immer genauer aufzeigen, wieviel CO2 sie durch ihre Reise ausstossen und wie sie diese mit einem Klick kompensieren können.

Was können Sie ihnen sonst noch anbieten?
Zum Beispiel Ferien in der Schweiz – im Ferienwohnungsgeschäft sind wir mit unserer Marke Interhome stark im Markt vertreten. Dann reisen immer mehr Leute gerne mit dem Zug: Beliebt sind Städtereisen nach Paris, Mailand oder Frankfurt, Familien nehmen gerne Nachtzüge. Deswegen haben wir bei der Hotelplan-Marke Migros Ferien neu auch Pauschalreisen mit dem Zug im Programm.

Und bei den Geschäftsreisen? In der Pandemie waren sie von einem Tag auf den anderen nicht mehr möglich. Was ist davon geblieben?
Viele Unternehmen legen heute fest, für welche Destinationen der Zug und wohin der Flieger genommen wird. Sicher interessant ist diesbezüglich ein Angebot unseres Tochterunternehmen Finass: Als erstes Businessreiseunternehmen der Schweiz können hier Flüge mit Sustainable Aviation Fuels gebucht werden, welche den CO2-Fussabdruck stark reduzieren.

Was unternimmt die Hotelplan Gruppe selbst?
Unser Ziel ist, unseren CO2-Ausstoss bis 2030 zu halbieren und bis 2050 gar netto Null zu erreichen. Bereits dieses Jahr sind wir bei den direkten Emissionen und auch bei den indirekten Emissionen aus eingekaufter Energie klimaneutral.

Lassen Sie uns noch kurz in die Zukunft schauen. Wir haben Krieg in Europa, die geopolitische Lage ist äusserst instabil, die wirtschaftlichen Aussichten sind trüb: Was heisst das für die Reisebranche?
Die Unsicherheiten bleiben gross. Aber als Reisebranche sind wir uns Krisen und Volatilität gewohnt – jede Krise auf der Welt betrifft uns irgendwie. Wichtig ist, schnell aber besonnen zu handeln und möglichst viel Flexibilität in relevante Prozesse einzubauen.

Fliegen war lange sehr günstig oder zu günstig, um genau zu sein. Was kommt da auf uns zu? Wer kann sich künftig noch Ferien leisten?
Ich gehe davon aus, dass die Zeit der Billigsttickets vorbei ist. Das ist auch gut so. Bei der jetzigen Energiepreisentwicklung bleiben die Kosten für Kerosin noch länger hoch. Flugpreise sind aber sowieso volatil und primär abhängig von Angebot und Nachfrage. Als Hotelplan Gruppe arbeiten wir deshalb für unsere wichtigsten Destinationen mit Charterplätzen, bei denen wir die Preise stabiler halten können. So können wir hoffentlich auch in Zukunft Schweizerinnen und Schweizer mit kleinem Budget Ferien ermöglichen – ganz gemäss der Vision von Dutti. Leider sind auch Zugreisen nicht billig. Ich würde mich freuen, wenn die Nachtzüge etwas günstiger würden und das Angebot grösser wäre – diesen Sommer war es fast unmöglich, kurzfristig einen Platz zu bekommen.

Die Festtage stehen vor der Tür, wohin reisen Frau und Herr Schweizer über die Festtage?
Neben den Ferien in den Bergen sind Reisen in warme Destinationen wieder sehr gefragt, wie zum Beispiel auf die Malediven, Seychellen, Ägypten, Gran Canaria oder Costa Rica. Aus Nachhaltigkeitssicht empfehlen wir: lieber weniger häufig an diese Orte reisen, dafür länger bleiben – wenn man es sich einrichten kann.

Und wo werden Sie mit Ihrer Familie die Weihnachtsferien verbringen?
Die Festtage verbringen wir an diversen Familienfeiern in und rundum Zürich. Danach gehen wir Skifahren in den Schweizer Bergen – natürlich in einer Ferienwohnung von Interhome. ★

Der Artikel von Christine Meier

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