Mimi Mollerus «Eine Tasche muss funktional sein»

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Mimi Mollerus führt das Schweizer Taschenlabel Maison Mollerus seit 2011 in zweiter Generation. Im Interview spricht sie über die Herausforderungen in unsicheren Zeiten, ihre Entscheidung für eine Produktion in der Schweiz und wie MM-Taschen für viele Kundinnen ein Stück Heimat bedeuten.

Ein Interview mit Matthias Ackeret

Frau Mollerus, momentan haben wir doch bewegte Zeiten. Donald Trump, eine drohende Rezession, Krieg in der Ukraine. Hat dies auch Auswirkungen auf Ihr Business?
Ich würde sagen: Ja. Die Angst wächst weltweit – diese Angst spürt man auch in unserer Branche.

Es wirkt sich also direkt auf den Abverkauf Ihrer Produkte aus?
Ja, auch als Luxusgüterhersteller ist man davon betroffen.

Versuchen Sie, gegenzusteuern?
Viel kann man dagegen nicht tun. Ich glaube, dass sich der Retail momentan stark verändert. Wir befinden uns nun an einem Punkt, an dem wir viele Dinge neu denken müssen. Als Familienunternehmen möchte ich dieses Momentum nutzen, um zahlreiche Prozesse, aber auch die Modelle und die Qualität unserer Taschen zu hinterfragen.

«Wir versuchen, die Qualität unserer Taschen zu steigern»

Was bedeutet das konkret?
Wir versuchen, die Qualität unserer Taschen zu steigern – insbesondere bei den Metallteilen. Gleichzeitig überprüfen wir alle Prozesse und Abläufe und optimieren sie. Vor zehn Jahren haben wir beispielsweise die gesamte Logistik selbst gemacht. Mit der Zeit habe ich diese aber ausgelagert, weil ich mich mehr auf das konzentrieren möchte, was wir richtig gut können: die Produktion von Taschen. Dinge, die gemacht werden müssen, die wir aber nicht so gut können wie ein Spezialist, vergeben wir extern – zum Beispiel die Buchhaltung.

Sie produzieren Ihre Taschen in der Schweiz und Norditalien. Besteht nicht die Versuchung, die gesamte Herstellung nach Asien auszulagern?
Das machen wir bewusst nicht. Erstens bin ich eine grosse Anhängerin alter Sprüche wie: «Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.» Zweitens sind wir ein Schweizer Unternehmen, und ich finde es schön zu wissen, dass ich in zwei Stunden in unserer Produktion im Tessin sein kann.

Legen Ihre Kundinnen Wert auf die Herkunft?
Für mich hat das eine grosse Bedeutung – und für viele unserer Kundinnen wohl auch. Natürlich wäre es einfacher, die Produktion dorthin auszulagern, wo es günstiger ist. Aber für mich ist das eine Herzensangelegenheit und keine rein kaufmännische Entscheidung.

Ihr Unternehmen wurde 1984 von Ihrem Vater gegründet. Sie haben es 2011 übernommen. Wie kam Ihr Vater dazu, ein Taschenlabel zu gründen?
Meine Eltern betrieben früher mehrere Modegeschäfte in Nordrhein-Westfalen. Plötzlich wollten sie in ihrem Sortiment auch Taschen anbieten. Damals wurde noch ganz anders eingekauft – man fuhr für ein paar Jeans nach Paris oder für einen Jupe nach Mailand. Meine Eltern konnten die gewünschten Taschen aber nicht verkaufen, weil diese bereits von der Nachbarboutique angeboten wurden. Worauf meine Mutter sagte: «Ernst, mach doch selber welche.» So wurde die Idee geboren. Mein Vater war jemand, der, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, es auch durchzog.

Wann wurden Ihre Taschen plötzlich als Luxusgegenstand wahrgenommen?
Vor vierzig Jahren war Werbung einfacher – es gab Print, TV und natürlich die Nachbarin. Wenn die eine Tasche trug, wolltest du sie auch. Das funktioniert heute über Instagram genauso – ein für uns wichtiger Werbekanal. Als ich 2011 ins Unternehmen kam, änderte sich vieles. Wir verlegten unseren Firmensitz nach Erlenbach, machten die Kollektion farbiger, und die erste Generation unserer Kundinnen hatte plötzlich selbst Kinder. Dann stellt sich die Frage: Kaufen diese dieselben Produkte wie ihre Mütter – oder eben nicht?

Das ist ein heikler Moment …
Genau. Entweder willst du auch eine Tasche haben, die deine Mutter schon trug – oder du willst etwas Eigenes. Viele Kundinnen sagten uns in einer Umfrage: «MM bedeutet für mich eine Erinnerung an meine Mutter, es löst heimatliche Gefühle aus.» Das ist ein wahnsinnig schönes Kompliment.

«Mich interessiert wirklich die Wahrnehmung unserer Kundinnen»

MM-Taschen als Heimat – das klingt nach Marketing.
Überhaupt nicht. Mich interessiert wirklich die Wahrnehmung unserer Kundinnen. Ich will wissen, was sie denken, was wir besser machen können, was wir ihnen bedeuten. Der Kunde soll sich auf uns verlassen können – viele Produkte heute verlieren genau dieses Verständnis.

Wie entsteht eine neue Tasche?
Ich beobachte Menschen auf der Strasse. Was braucht die Frau heute? Eine Tasche muss funktional sein: Handy, Schlüssel, Kaugummis. Irgendwann werden sie wieder kleiner – weil die Kinder ihre eigenen Taschen tragen. Diese Zyklen muss man erkennen. Wir bieten Modelle in verschiedenen Grössen – keine reine Vorzeigetasche.

Was war die wichtigste Lebensweisheit Ihres Vaters?
«Klein, mein und fein.» Viele verkaufen ihre Firmenanteile – und verlieren ihre DNA. Ich will, dass man bei MM weiss: Hier steckt Mollerus drin.

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Bild ZVG persoenlich.com

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