Béatrice Devènes bringt den Bundesrat auf Instagramm

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Aargauer Zeitung – Was andere Länder seit Jahrzehnten kennen, wird auch in der Schweiz zur Realität: Die Regierung erhält mit der Umsetzung der neuen Social-Media-Strategie ihre erste eigene Fotografin. Die Walliserin Béatrice Devènes steht vor einem heiklen Balanceakt.

Privat hat Béatrice Devènes (55) seit zweieinhalb Jahren ein Instagram-Konto.

Kritisch begleitet wird sie dabei von ihrer Tochter Fanny (23). Diese arbeitet als administrative Assistentin im Bundesamt für Gesundheit (BAG).

«Im Moment sind auf Instagram gerade Reels trendy», sagte sie ihrer Mutter vor kurzem. Reels sind kurze, dynamische und kreative Videos von 60 Sekunden – unterlegt mit Musik und Spezialeffekten.

Solche Ratschläge ihrer Tochter kann Béatrice Devènes künftig gut gebrauchen. Sie arbeitet nun genauso beim Bund – als erste Bundesratsfotografin der Schweiz. Ihre Aufgabe: Sie soll Entscheide und Inhalte der Bundesratspolitik fotografisch vermitteln.

Der Gesamtbundesrat eröffnet am 10. Oktober ein Instagram-Konto

Zum Beispiel über das neue Instagram-Konto, das die Regierung am 10. Oktober eröffnet. Es soll die junge Generation – die von Devènes Tochter – stärker für Politik sensibilisieren und sie in den demokratischen Prozess integrieren.

«Die direkte Demokratie lebt nur, wenn sich die Jugendlichen mit politischen Themen befassen und die Funktion von Regierung und Parlament erkennen», sagt Bundesratssprecher André Simonazzi. «Sonst verlieren wir sie für die Zukunft.»

Jugendliche lassen sich kaum mehr über herkömmliche Kanäle wie Fernsehen, Radio und Printmedien ansprechen. Anders sieht es bei Instagram aus. 86 Prozent der Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren nutzen das soziale Netzwerk mit Fokus auf Fotos und Videos – und 38 Prozent nutzen es auch zu News-Zwecken. Das zeigt der Bericht des Bundesrats zur Social-Media-Strategie auf. Instagram hat inzwischen bei den 15- bis 29-Jährigen Facebook überholt.

Devènes arbeitet in einem Team auch am Auftritt auf Instagram. Sie wird sich als Fotografin umgewöhnen und Bilder statt im Quer- neu im Hochformat machen müssen. «Das Bild muss eine klare Aussage haben, lesbar und ästhetisch sein», sagt sie. Als «toll» bezeichnet sie die Möglichkeit, über Karussell-Posts auf Instagram bis zu zehn Fotos laden zu können. «Dadurch sind zum Beispiel Bildreportagen möglich.»

John F. Kennedy hatte als erster Präsident dauernd einen Fotografen

Eine Profifotografin für den Gesamtbundesrat zu engagieren, ist ein alter Wunsch von Bundesratssprecher André Simonazzi. In den meisten Ländern sind Fotografen in Staatsdienst seit Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit. US-Präsident John F. Kennedy war der Erste, der stets einen eigenen Fotografen in Reichweite hatte. Heute hat auch die Staatskanzlei des österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen einen eigenen fotografischen Dienst.

Nur für die Schweizer Regierung gab es nichts Vergleichbares. Mehrere Vorschläge in diese Richtung wurden in den letzten Jahren abgelehnt. Das Schweizer Milizsystem habe so etwas nicht nötig, war der Tenor.

Doch im Juni 2021 änderte dies. Die Regierung stimmte einer neuen Social-Media-Strategie zu – inklusive Bundesratsfotografin. Sie hat drei Ziele: Der Bundesrat setzt die sozialen Medien ein, um vor allem die junge Bevölkerung anzusprechen. Er nutzt das Potenzial audiovisueller Medien wie Foto und Video. Und er nutzt die sozialen Medien, um seine Schlüsselthemen im In- und Ausland zu kommunizieren.

Die Ukraine zeigt, wie wichtig eine gute Regierungskommunikation ist

Für Bundesratssprecher Simonazzi zeigt die Ukraine exemplarisch auf, welche Bedeutung eine gute Regierungskommunikation heute hat. «Sie verteidigt ihr Land mit modernen und professionellen Kommunikationsmitteln», sagt er. Und er fügt hinzu:

«Kommunikation ist die Essenz der Politik.»

Die Regierung wird neben den bestehenden Kanälen auf Youtube und Twitter ein Instagram-Konto eröffnen und einen neuen englischsprachigen Twitter-Kanal @SwissGov bespielen. Er soll einem interessierten internationalen Publikum die Entscheide der Regierung und die Positionen der Schweiz zugänglich machen. Die Social-Media-Konten der Bundesverwaltung sollen auch dazu dienen, Fake News zu bekämpfen – wie sie diesen Sommer plötzlich global die Runde machten über eine angebliche Schweizer Heizpolizei.

Es sollen keine PR-Übungen für Bundesräte werden

Bundeskanzler Walter Thurnherr will auf den neuen Kanälen keine PR-Übungen von Bundesratsmitgliedern verbreiten. Das sei nicht im Sinne des Informationsauftrages, sagt er. Es müssten Inhalte transportiert werden.

Fotografin Devènes ist ein wichtiger Pfeiler in dieser Strategie. Sie wurde aus rund hundert Bewerberinnen und Bewerbern ausgewählt. Unter anderem deshalb, weil sie sämtliche Bundesratsmitglieder aus ihrer Zeit als Parlamentsfotografin kennt.

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Autor: Othmar von Matt

Bild: Béatrice Devènes

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