Wer rechnet, heiratet nicht: Steuerexpertin Andrea Opel über Individualbesteuerung

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annabelle – Helene Aecherli – 

Andrea Opel (42) ist Professorin für Steuerrecht in Luzern. Wir sprachen mit ihr über die Individualbesteuerung. Tönt nicht grad spannend? Ist es aber. Und vor allem ist es wichtig. Deshalb: Bitte lesen!

annabelle: Andrea Opel, um die Steuern machen die meisten einen grossen Bogen. Sie hingegen haben es damit bis zur Professur gebracht. Was finden Sie so faszinierend am Steuerrecht?
Andrea Opel: In erster Linie reizt es mich, mich mit etwas zu befassen, das für viele ein rotes Tuch ist. Das Steuerrecht ist unglaublich komplex und nach wie vor eine sehr männerdominierte Materie. Beides finde ich herausfordernd. Und Herausforderungen kann ich generell schwer widerstehen.

 

Wir zweifeln, ob diese Erklärung ausreicht, um unsere Leser:innen an dieser Stelle bei der Stange zu halten?
Okay, ich versuche es noch mal (lacht): Das Steuerrecht ist politisch sehr relevant, es trifft den Lebensnerv des Staates. Nämlich die Grundsatzfrage, wie er sich seine finanziellen Mittel beschafft und wer wie viel dazu beitragen muss. Im Kern geht es also um Fragen der Gerechtigkeit. Hier mitgestalten zu können, ist super spannend. Zudem hat das Steuerrecht einen sehr direkten Einfluss auf das Verhalten der Menschen – das Thema Individualbesteuerung ist ein Paradebeispiel dafür.

 

Waren Sie schon als Kind an Tabellen und Zahlen interessiert? Oder sind Sie durch Ihre Familie vorbelastet?
Meine Eltern sind Biologen, die haben mit dem Thema gar nichts am Hut. Und entgegen der gängigen Meinung hat Steuerrecht nicht in jedem Fall mit Zahlen zu tun. Ich rechne jedenfalls selten. Anspruchsvoll ist hingegen die Dynamik. Das Steuerrecht ist ständig im Fluss. Darüber hinaus befindet es sich in einem internationalen Umfeld, das sich immer schneller bewegt.

 

Spielen Sie damit auf die Panama und Pandora Papers an, die diverse Steuerschlupflöcher offengelegt haben?
Wenn Sie so wollen, ja. Durch diese Enthüllungen wird der internationale Informationsaustausch und somit auch das Bestreben nach mehr Transparenz enorm beschleunigt. Zudem spielen sie dem OECD-Projekt zur globalen Mindeststeuer in die Hand, das den internationalen Steuerwettbewerb ausbremsen möchte. Es geschieht gerade extrem viel in extrem kurzer Zeit.

 

Im Vergleich dazu ist die Familienbesteuerung geradezu Peanuts.
Dieser Vergleich hinkt. Das Gegenteil trifft zu: Es handelt sich um eine für die Schweiz gesellschafts- und genderpolitisch höchst relevante Thematik.

 

Wir haben mit der Familienbesteuerung noch immer ein Steuerrecht aus der Nachkriegszeit. Ganz nüchtern betrachtet: Wie schätzen Sie es ein?
Das Thema darf uns nicht kaltlassen – vor allem uns Frauen nicht. Seit Jahren wissen wir, dass unser Familienbesteuerungsrecht überholt und verfassungswidrig ist.

 

Sie halten das aktuelle Steuerrecht für verfassungswidrig?
Nicht nur ich, sondern auch das Bundesgericht. Der Artikel 8 der Bundesverfassung hält fest, dass niemand diskriminiert werden darf, nicht wegen des Geschlechts, der Herkunft, des Alters und auch nicht wegen der Wahl der Lebensform. Im Grunde tut jedoch das Steuerrecht genau das.

 

Inwiefern?
Lassen Sie mich ausholen: Während bei Konkubinatspaaren jede Person einzeln besteuert wird, werden die Einkommen und die Vermögen von Eheleuten zusammengerechnet. Das Paar gilt als so genannte Veranlagungsgemeinschaft *. Es profitiert zwar dadurch auch von Spezialtarifen, ist also gegenüber Unverheirateten in einem gewissem Sinne auch privilegiert. Doch dieses Privileg kann vom sogenannten Progressionseffekt überlagert werden. Der frühere Rechtsprofessor Peter Böckli spricht in diesem Zusammenhang von der «Progressionswirkung des Ja-Worts». Je gleichmässiger das Gesamteinkommen erwirtschaftet wird, desto grösser ist die Heiratsstrafe. Lebt das Ehepaar hingegen sehr traditionell, und die Frau arbeitet nur wenig, fällt die Heiratsstrafe geringer aus, es ist sogar ein Heiratsbonus denkbar. Hinzu kommt, dass gutverdienende und damit regelmässig auch gut ausgebildete Ehepaare besonders stark von der Heiratsstrafe betroffen sind.

 

Sie sprechen in diesem Zusammenhang von einer Heiratsstrafe, die auch eine Zweitverdiener:innenstrafe sein kann. Wie ist das genau zu verstehen?
Nach dem geltenden System werden verheiratete Zweitverdienende steuerlich über Gebühr belastet – und das sind in den allermeisten Fällen die Frauen. Das rührt daher, dass die Besteuerung auf dem Niveau des Erstverdienenden startet. Indem das Einkommen der Frau mit demjenigen ihres Mannes zusammengerechnet wird, rutscht es in eine sehr hohe Steuerprogression. Verheiratete Frauen müssen sich deshalb überlegen, ob sich eine Erwerbstätigkeit überhaupt lohnt. Nicht selten wird das Zusatzeinkommen durch die hohe Steuerlast und die Kinderbetreuungskosten aufgefressen. Dass die Kitakosten nur zum Teil steuerlich abzugsfähig sind, verschärft die Problematik zusätzlich. Deshalb spreche ich auch von der Zweitverdiener:innenstrafe.

 

Von wie vielen Betroffenen reden wir?
Von deutlich mehr als 2016 im Abstimmungsbüchlein festgehalten wurde, als es um die CVP-Initiative zur Abschaffung der Heiratsstrafe ging. Dort war von 80 000 die Rede, neuen Berechnung zufolge sollen es jedoch 450 000 Zweiverdienerehepaare und 250 000 Rentnerehepaare sein. Das Bundesgericht hatte aus diesem Grund erstmals in der Geschichte eine Stimmrechtsbeschwerde gutgeheissen und die Abstimmung für ungültig erklärt.

 

Für Zehntausende von Frauen zahlt sich eine Erwerbstätigkeit also kaum aus, richtig?
Ja. Auch heute noch sind über neunzig Prozent der Eltern mit Kindern verheiratet und damit potenziell von der Heiratsstrafe betroffen. Es kommt also nicht von ungefähr, dass wir in der Schweiz im internationalen Vergleich bei Frauen zwischen dem dreissigsten und vierzigsten Lebensjahr einen massiven Einbruch bei ihrer Erwerbstätigkeit erleben. Das ist schon sehr bezeichnend.

 

Konkret: Das Steuersystem ist so aufgebaut, dass es die traditionelle Rollenverteilung zementiert: Er arbeitet, sie schaut zuhause zu den Kindern.
Genau. Das geltende System begünstigt das traditionelle Rollenmodell und gibt wenige Anreize für Frauen, im Erwerbsleben zu bleiben. Früher war es anders, damals dominierte in der Regel das Modell des Alleinernährers: Der Mann verdiente das Geld, die Frau blieb zuhause. Aber seit der Jahrtausendwende hat sich dieses Bild grundlegend gewandelt. Heute sind Frauen überwiegend berufstätig.

 

Im Prinzip ist es paradox: Viele Familien sind finanziell im roten Bereich. Und dann muss man feststellen, dass sich ein Pensum von achtzig Prozent für die Ehefrau nicht lohnt.
Sehen Sie, ein stark reduziertes Erwerbspensum mag für die betreffende Frau und ihre Familie im Moment stimmen. Aber welche Folgen hat dies für ihre Zukunft? Sich aus der Berufstätigkeit zurückzuziehen, ist ein Risiko für jede Frau. Erstens wirkt sich dies negativ auf ihre Altersvorsorge aus. Zudem gehen heute knapp fünfzig Prozent der Ehen irgendwann in die Brüche. Frauen haben nach einer Scheidung eine schlechtere Ausgangslage, gerade auch im Zusammenhang mit der neuen Rechtsprechung zum Unterhaltsrecht: Unterhaltszahlungen bis zur Pensionierung bei einer Trennung oder Scheidung sind weitgehend passé.

 

Wie die «annajetzt»-Studie gezeigt hat, die annabelle und Sotomo in diesem Frühjahr durchführten, fühlen sich fünfzig Prozent der verheirateten Frauen nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.
Das ist eine erschreckend hohe Zahl. Und dafür ist eben das Steuerecht mitverantwortlich. Umso wichtiger ist es, dass Frauen in ihrer Eigenständigkeit gefördert und unterstützt werden.

 

Handkehrum legte die «annajetzt»-Studie aber auch offen, dass viele Frauen gar nicht mehr als fünfzig Prozent erwerbstätig sein wollen, um Zeit für ihre Kinder zu haben.
Ich will keine Frau zwingen, berufstätig zu sein. Aber das Rechtssystem sollte nicht zusätzliche Hürden aufstellen, wenn sie es sein möchte. Übrigens wäre auch für Frauen, die nur in einem kleinen Pensum arbeiten wollen, die Individualbesteuerung von Vorteil – denn so würde weniger wegbesteuert werden und sich somit auch für sie ihre Arbeit finanziell eher lohnen.

 

Die Individualbesteuerung würde eine weitere Lücke in der Gleichstellungspolitik schliessen. Warum hat sie trotz allem einen so schweren Stand?
Weil die Frage die Gesellschaft in einen progressiven und einen konservativen Flügel spaltet. Viele befürchten, mit der Individualbesteuerung werde die Ehe per se infrage gestellt. Die Ehe als solche steht aber eben nicht auf dem Prüfstand. Es geht einzig darum, dass das Steuerrecht zivilstandsneutral ausgestaltet wird und keine negativen Erwerbsanreize mehr setzt. Die Einführung der Individualbesteuerung hätte auch nicht zur Folge, dass tatsächlichen Unterschieden nicht mehr Rechnung getragen werden könnte. So wäre etwa ein Einverdienerabzug denkbar, wenn in einer Ehe eine Person allein das Familieneinkommen erwirtschaftet.

 

Ein Gegenargument ist, dass eine solche Steuerumwälzung einen riesigen administrativen und technischen Aufwand bedeuten würde.
Ja, das ist mit ein Grund, weshalb sich die Mehrheit der Kantone gegen einen Systemwechsel wehrt. Sie fürchten, dass sie dann bei Ehepaaren doppelt so viele Steuererklärungen bearbeiten müssten. Es gibt aber auch positive Gegenbeispiele: Das Parlament in meinem Heimatkanton Baselland hat sich Anfang November für die Individualbesteuerung ausgesprochen – übrigens gegen den Widerstand der Regierung. Und letztlich kann ein höherer Verwaltungsaufwand ja auch kein Argument sein, die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Gleichstellung von Frau und Mann zu verhindern.

 

Aber ist denn nicht jede Frau schon einmal individuell besteuert worden, bevor sie geheiratet hat?
Doch. Deshalb verstehe ich das Argument des Mehraufwands nicht. Zumal es heute sehr gute automatisierte Systeme bei der Erfassung von Steuererklärungen gibt. Hingegen existieren ganz andere praktische Probleme bei der gemeinsamen Steuerveranlagung. In vielen Kantonen wird zum Beispiel automatisch der Mann zum Halter des Steuerdossiers, das heisst er vertritt die eheliche Veranlagungsgemeinschaft.

 

Okay, Frauen könnten da doch einfach drüberstehen …
… und sich sagen, das ist nicht so wichtig. Aber das stimmt eben nicht. So gehen je nach kantonalem System die Steuerrückerstattungen automatisch an den Mann. Und das kann gerade bei getrennten Paaren durchaus zum Problem werden. Im Kanton Bern ist derzeit ein Verfahren hängig, weil auch diese Praxis letztlich diskriminierend sein dürfte. Ungelöst ist zudem, wie man mit der gleichgeschlechtlichen Ehe umgehen soll: Wer ist hier Mann und wer ist Frau?

 

Liegt der Widerstand gegen die Individualbesteuerung daran, dass die Steuervorsteher in der Regel ältere Herren sind?
Das haben Sie gesagt.

 

Sie waren selbst verheiratet und leben heute im Konkubinat. Stellen Sie mit Ihrem Engagement die Institution Ehe an sich infrage?
Keineswegs. Die Ehe ist eine gute Sache. Und wenn das traditionelle Lebensmodell funktioniert – bestenfalls sogar bis ans Lebensende –, finde ich es sogar sehr schön. Mir geht es um Grundsätzliches. Meine Botschaft ist einfach: Das Steuerrecht soll keinen Einfluss auf private Lebensentscheidungen haben. Der Zivilstand soll auf die Besteuerung keinen Einfluss haben und auch nicht auf die Rollenverteilung. Und Frauen sollen nicht aus steuerlichen Gründen von der Erwerbstätigkeit abgehalten werden.

 

Trotzdem, antifeministische Stimmen könnten Ihnen vorwerfen, Sie untergraben mit Ihrer Haltung den Status des Mannes.
Es ist kein Statement gegen die Partnerschaft – und schon gar nicht eines gegen den Mann. Selbst konservative Männer, die das traditionelle Lebensmodell im Hinterkopf haben, wünschen sich doch insgeheim eine emotional und auch finanziell unabhängige Frau. Das macht nicht nur alle Beteiligten zufriedener, sondern man kann sich auch sicher sein: Man ist als Paar freiwillig zusammen und nicht nur, weil man es sich anders nicht leisten kann. Ergo würde ich jedem Mann und jeder Frau anraten, auf eine gleichgestellte Partnerschaft zu setzen und dafür zu sorgen, dass beide Parteien in einem vernünftigen Mass erwerbstätig sind und bleiben können.

 

Inwiefern argumentieren Sie auch aus eigener Erfahrung?
Ich habe erlebt, wie wichtig die finanzielle Unabhängigkeit gerade auch als Frau ist. Ich war während meiner Ehe selbst in eine Art von Abhängigkeit geraten. Heue lebe ich in einer Partnerschaft. Heiraten würde ich nicht mehr – auch aus steuerlichen Gründen.

 

Was hält Ihr Partner von dieser doch recht unromantischen Argumentation?
Er ist Steuerberater … (lacht)

 

Dann sehen Sie es vermutlich gleich …
Genau. Aber wenn man meint, nur Steuerrechtprofis würden sich für das Steuerrecht interessieren, dann greift das zu kurz. Heute können doch alle Leute ihre Steuern ganz einfach im Internet ausrechnen lassen. Wenn man dann sieht, dass man als verheiratetes Paar 10 000 bis 20 000 Franken mehr Steuern zahlt pro Jahr – und das ist durchaus realistisch –, ist es eben substanziell. Viele heiraten deshalb später und sparen das Geld bis dahin. Das ist aber für die Frau, die leider in den meisten Fällen immer noch weniger verdient als der Mann, mit Risiken verbunden. Die Ehe bietet finanziellen Schutz, nicht nur während ihres Bestandes, sondern auch im Falle einer Scheidung. Zudem kann auch ein unerwartetes Versterben oder Invalidität des Mannes bei unverheirateten Paaren zum Problem werden.

 

Was würden Sie denn einem jungen Paar raten?
Heiratet, solang die romantischen Gefühle überwiegen! Die Ehe bietet, wie gesagt, gerade Frauen Schutz. Und bleibt, wenn immer möglich, trotz Heirat im Job. Lasst euch jedenfalls nicht aus steuerlichen Gründen von einer Erwerbstätigkeit abhalten. Gleichzeitig schadet es aber auch nichts, wenn man bei aller Romantik den Verstand nicht völlig ausschaltet.

 

Die Individualbesteuerung ist eher auf Ebene Bundessteuer vonnöten, weniger auf der kantonalen Ebene, richtig?
Ja, die Heiratsstrafe ist auf kantonaler Ebene kein so grosses Problem mehr. In den Kantonen dominiert heute das so genannte Splittingsystem: Das Einkommen wird zusammengenommen und für die Satzbestimmung halbiert. Doch auch dieses System birgt noch gewisse negative Erwerbsanreize für die Frau als Zweitverdienerin. Deshalb wäre eine Individualbesteuerung auch auf kantonaler Ebene die idealere Lösung. Es würde zudem auch sämtliche verfahrensrechtlichen Probleme auf einen Schlag lösen.

 

Die Individualbesteuerung ist international längst ein gängiges Modell. Auch die OECD hat der Schweiz dazu geraten, um das Arbeitskraftpotenzial der Frauen besser zu nutzen. Das Beratungs- und Forschungsbüro Ecoplan hat ausgerechnet, dass mit der Individualbesteuerung das Fachkräftepotenzial um bis zu 60 000 Vollzeitstellen anwachsen würde. Halten Sie diese Zahl für realistisch?
Sie ist mit Vorsicht zu geniessen, denn in solchen Prognosen stecken viele Unwägbarkeiten und Eventualitäten. Ich wurde auch schon gefragt, ob ich diese Zahl realistisch finde und musste sagten: Das ist mir im Grunde ziemlich egal. Mir geht es ums Prinzip: Keine einzige Frau sollte allein aufgrund der Steuerbelastung zum Schluss kommen, besser nicht arbeiten zu gehen. Ausschlaggebend sind ausserdem nicht allein die Steuern. Zahlbare und flächendeckende Kinderbetreuungsstrukturen sind ebenso wichtig.

 

Wie müssten wir uns die Individualbesteuerung denn konkret vorstellen? Zieht das Paar fünfzig Prozent vom gemeinsamen Auto ab? Und dürfen beide den Kinderabzug angeben?
Das ist eine Argumentation, die man aus vielen Kantonen hört. Man sagt, das sei alles gar nicht umsetzbar. Aber eigentlich haben wir diese Problematik bereits bei allen Konkubinatspaaren, die auch ihre individuellen Steuererklärungen ausfüllen und zum Teil gemeinsame Konten und ein gemeinsames Fahrzeug haben. Das ist also bereits geregelt.

 

Anfang Jahr haben die FDP-Frauen eine Unterschriftensammlung für die Einführung der Individualbesteuerung lanciert, die auch von der SP unterstützt wird. Sie waren im Hintergrund für den Initiativtext zuständig. Inwiefern besteht die Gefahr, dass das Thema zu einem parteipolitischen Tauziehen wird?
Die Gefahr besteht tatsächlich. Deshalb hat man auch versucht, das Initiativkomitee überparteilich auszustatten. Grosse Opposition kommt von der CVP, neu Die Mitte. Sie sieht die Institution Ehe in Gefahr, was der Grund dafür ist, weshalb sie selber eine Initiative gestartet hat.

 

Was halten Sie denn vom Vorschlag der Mitte-Partei?
Das vorgeschlagene Splittingmodell sieht vor, dass die Einkünfte von Ehepartner:innen zusammengerechnet Das vorgeschlagene Splittingmodell sieht vor, dass die Einkünfte von Ehepartner:innen zusammengerechnet und dann das Total für die Besteuerung durch zwei geteilt wird. Dieses Modell ist aber nicht zivilstandsneutral. Im Kern ist auch das Splittingmodell auf das Alleinernährermodell ausgerichtet und schafft – wie gesagt – weniger positive Erwerbsanreize für Zweitverdienende als die Individualbesteuerung.

 

Man könnte also sagen, dass die moderne Ehe steuerlich benachteiligt wird – was nicht im Sinn des Schutzes der Ehe an sich sein kann.
Absolut. Heute sind noch über neunzig Prozent der Paare mit Kindern verheiratet. Doch diese Zahl nimmt kontinuierlich ab, gerade auch wegen der steuerlichen Nachteile. Will man also, dass die Ehe fortbesteht und auch von Jungen gelebt und weitergepflegt wird, braucht es eine Veränderung.

 

Sie betonten zu Beginn dieses Gesprächs, dass Sie in der Domäne des Steuerrechts eine der wenigen Frauen sind. Wie begegnet man Ihnen als Frau in dieser Männerwelt?
Durchaus aufgeschlossen. Ich werde nie direkt mit Anfeindungen konfrontiert, höchstens auf dem Latrinenweg. Da ich jedes Thema, auch die Individualbesteuerung, auf eine wissenschaftlich fundierte Weise behandle und keine aufrührerischen Meinungsstücke schreibe, braucht es dann auch seriöse Gegenargumente.

 

Der ganze Artikel auf annabelle.ch 

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