Wie viel Fitness braucht der Körper in welchem Alter? Ein Überblick

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watson.ch – Sandra Gasalini

Auch wenn mir der Drang zur körperlichen Selbstoptimierung ein bisschen auf den Wecker geht: So schlecht ist es nicht, sich etwas fit zu halten. Als mein knapp 16-jähriger Sohn anfing, Gewichte zu stemmen, fragte ich mich allerdings schon: Ist das gesund? Was macht unser Körper eigentlich so in welchem Alter? Und worauf sollte man beim Training achten? Ich hab mich schlau gemacht.

„Der Körper mit 15 Jahren“

Bis Anfang 20 befindet sich der Körper in der Wachstumsphase, die Knochen sind elastischer als bei Erwachsenen, das macht sie anfälliger für Verletzungen. Die Muskeln entwickeln sich in der Pubertät auch ohne Training sehr schnell, gerade bei Jungs, wegen der vermehrten Ausschüttung von Testosteron. Sie sind in der sogenannten «anabolen Phase». Nichtsdestotrotz hat Fitnesstraining auch für Jugendliche Vorteile: Es ist gut für die Haltung, stärkt die Knochen und den Bewegunsapparat, aktiviert die Muskelstränge, fördert die Koordination und stabilisiert das Herz-Kreislauf-System.

Darauf sollte man achten
  • Lieber mit leichteren Gewichten trainieren, das verringert das Verletzungsrisiko der anfälligeren Knochen und Muskeln.
  • Klar, alle wollen Trizeps, Bizeps und einen Sixpack. Aber: Wer einseitig trainiert, riskiert Haltungsschäden, also alle Muskelgruppen mit einbeziehen.
  • Regeneration ist in dem Alter besonders wichtig. Übertraining könnte zu Hormonschwankungen führen oder das Wachstum hemmen. Also nach jedem Tag Training einen Tag Pause einlegen.
„Der Körper mit 25 Jahren“

Mitte 20 sorgt das reichlich vorhandene Wachstumshormon Somatotropin dafür, dass schnell Muskelmasse gebildet wird – und dass diese nicht so schnell abgebaut wird, selbst wenn man nicht trainiert. Nicht nur die Muskeln, sondern auch Knochen und Herz-Kreislauf reagieren jetzt besonders auf Trainingsimpulse.

Darauf sollte man achten
  • Mit Mitte 20 fällt einem nicht nur das Training besonders leicht, sondern auch das Erlernen von Bewegungsabläufen. Wer ab und zu das Fitnessstudio gegen eine andere Sportart ersetzt, hat nicht nur mehr Spass, sondern lernt auch was fürs Leben.
  • Jetzt wird der Grundstein für die spätere Fitness gesetzt, nicht nur im Körper, sondern auch im Kopf! Sprich: Wer sich jetzt eine gewisse Routine zulegt – und diese nicht alle paar Tage schwänzt oder über den Haufen wirft –, dem fällt es in späteren Jahren leichter, sich daran zu halten.
„Der Körper mit 35 Jahren“

Bereits Mitte 30 beginnen untrainierte Muskeln abzubauen, Fettpölsterchen setzen sich leichter fest als in den Jahren zuvor. Zudem ist man in dieser Lebensphase, in denen oft gefühlte tausend Dinge gleichzeitig gemanagt werden, besonders anfällig für Stress. Das bringt den Stoffwechsel aus dem Takt und begünstigt das Einlagern von Fett. Ausserdem steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten.

Darauf sollte man jetzt achten
  • In dieser Lebensphase sollte Sport vor allem einen Zweck haben: Stressreduktion. Wer sich also zusätzlich damit stresst, dreimal pro Woche ins Fitnessstudio zu rennen, um möglichst instagrammable zu bleiben, tut weder seinem Körper noch seinem Kopf etwas Gutes.
  • Nicht nur Ausdauer, sondern auch Muskeltraining kann tipptopp in den Alltag integriert werden: Wer jeden zweiten Tag zu Fuss einkauft und dann Baby und Einkaufstasche die Treppe hochschleppt, hat sein Soll schon erledigt.
„Der Körper mit 45 Jahren“

Traurig, aber wahr: Ab Mitte 40 macht der Stoffwechsel bereits ziemlich schlapp. So hat eine 50-jährige Frau bei gleichem Gewicht doppelt so viel Fettgewebe wie eine 30-jährige (ohje – wollte ich das jetzt wirklich wissen?). Muskelabbau und Hormonumstellung sorgen nicht nur für Gewichtszunahme, sondern auch dafür, dass der Körper an Stabilität verliert, was zu Gelenkschmerzen führen kann.

Darauf sollte man achten
  • Mitte 40 sollte man den Fokus mehr auf den Muskelaufbau bzw. die Verhinderung des Abbaus legen statt auf Ausdauer (was natürlich nicht heisst, dass man diese ganz vernachlässigen soll). Jetzt dürfen die Gewichte auch ein bisschen höher sein, um den Körper herauszufordern. Zudem gibt Krafttraining einen starken Impuls auf die Knochen, was Osteoporose vorbeugt.
  • Besonders wichtig sind jetzt das Training von Rücken, Bauch und Rumpf, um dem Körper mehr Stabilität zu geben und Schmerzen vorzubeugen. Das geht übrigens auch mit Yoga oder Pilates. Und: Haltung bewahren, gerade auch am Schreibtisch!
„Der Körper mit 55 Jahren“

Die Fettdepots verteilen sich anders und setzen sich immer häufiger am Bauch fest. Dazu kommt, dass durch Hormonmangel knochenabbaunde Zellen aktiviert werden und sich Knochenmasse zurückbildet. Sportarten mit abrupten Stopp-Bewegungen wie Tennis oder Handball könnten für Untrainierte problematisch werden.

Darauf sollte man achten

  • Jetzt gilt es, Muskeln, Knochen und Sehnen Impulse zu geben. Das geht am besten mit einer Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining. Letzteres hilft ausserdem, Insulinresistenz zu verhindern, und drosselt damit die jetzt steigende Gefahr der Diabetes.
  • Achtung: Der Körper braucht nun länger, um sich zu erholen. Unbedingt auf ihn hören, genügend lange Pausen einlegen und bei Schmerzen nicht weitertrainieren.
„Der Körper mit 65 Jahren“

Ab etwa 60 Jahren bilden sich die Muskeln mit doppelter Geschwindigkeit zurück als vorher. Trotzdem reagieren sie nach wie vor auf Trainingsreize, und wer sich in den vergangenen Jahren eine gute Grundfitness zugelegt hat, profitiert jetzt davon (laut einer PACE Studie mit Marathonteilnehmenden war ein Viertel der 65- bis 69-Jährigen schneller als die Hälfte der 20- bis 54-Jährigen!). Und: Fitness ist jetzt auch wichtig für den Geist. Laut Studien erkranken sportlich aktive Menschen seltener an Alzheimer.

Darauf sollte man achten
  • Zu viel Ehrgeiz schadet: Wer akzeptiert, dass der Körper weniger leistungsfähig ist, und sich dem anpasst, minimiert die Verletzungsgefahr.
  • Im Alter wichtig: Das Gleichgewicht trainieren, um Stürzen vorzubeugen. Das muss nicht mit den Enkelkindern auf der Slackline sein – zum Beispiel beim Zähneputzen auf einem Bein stehen, reicht.

Zum Artikel auf watson.ch 

 

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