«Kinder ernst nehmen und bestärken»

Fokus

BEEHIVE MAGAZIN – Eltern haben unweigerlich von den Puppen von «I’m a girly» gehört.

Wie kam es dazu, dass Theresia Le Battistini mit einem klassischen Spielzeug in der heutigen Gaming-Welt solchen Erfolg hat?

Im Gespräch erzählt sie uns das selber und Vieles mehr.

Wie kamst du dazu, eine neue Puppe zu kreieren? Und wie erklärst du dir den Erfolg?

Als ich vor sechs Jahren meine Tochter Elaine zur Welt brachte (6), wollte ich mich von meinem früheren Job als Projektleiterin bei einer Grossbank zurückziehen, um mich ganz der Selbständigkeit zu widmen. Ich witterte in der Puppenwelt, die sich seit meiner Kindheit nicht gross entwickelt hat, ein Geschäft. Frisch, modern, divers und inklusiv sollten die neuen Puppen sein. Und vor allem von den Kinder selber mitentwickelt werden– schliesslich sind sie die wahren Spielwarenexperten.

Nach intensiver Marktforschung habe ich dann den Schritt gewagt und vor vier Jahren die Finfin AG gegründet und die Marke «I’M A GIRLY» lanciert. Damals war ich mit meinem Sohn Jamie (5) hochschwanger. Zusammen mit einer Gruppe von 8 – 14-jährigen Jungs und Mädchen haben wir von A bis Z die ersten Puppen und ihre Accessoires gestaltet. Von da an nahm alles seinen Lauf. Heute sind wir in ganz Europa, in Nordamerika und seit Neustem auch in China.

Unser KIDS4KIDS-Designteam ist mit uns mit gewachsen. Wir haben Kinder von überall, die mitmachen und ihre Designs einschicken und wir haben schon Design-Workshops in ganz Europa veranstaltet. Es macht total Spass zu sehen, wie sehr es die Kinder bestärkt und ermutigt, wenn man ihnen ein ernsthaftes Mitbestimmungsrecht gibt. Ich finde das total wichtig und ist eigentlich auch eine unserer Kernmessages: Kinder ernst nehmen, sie darin bestärken, sich selber zu sein und sich trauen mitzureden. Eines der Mädchen, die von Anfang an dabei war, hat letztes Jahr bei uns sogar ein Praktikum absolviert. Und es gibt auch Teilnehmer, die unbedingt ihre Lehre bei uns starten möchten. Ein grösseres Kompliment gibt es nicht!

Wie ist deine Firma entstanden? Als Nebenjob, mit Businessplan oder einfach ganz viel Leidenschaft?
Ich bin von Anfang an analytisch an das Ganze rangegangen und es steckt viel Marktforschung und Vorbereitung dahinter, aber die Selbständigkeit war eigentlich als Nebenbeschäftigung gedacht, ein „Mittwochnachmittagsjob“, damit ich viel Zeit mit meinen Kindern habe. Aber es kam dann ganz schnell alles anders. Der Anklang war überwältigend und ich arbeite wesentlich mehr als zuvor. Das geht früh morgens mit der Produktion in Asien los und endet abends spät mit unseren Händlern in den USA.

 

Sogar Promis posten auf Social Media ihre Kinder mit deinen Puppen. Woran glaubst du, liegt das? Nur am Marketing?
Das klingt jetzt wie angeberisches Name Dropping, aber es ist schon verrückt, wenn Stars wie Madonna, Chrissy Teigen und Victoria Beckham über unsere Produkte posten und uns dabei sogar taggen, wenn man bedenkt, dass wir eine kleine Schweizer Firma sind, die am Idaplatz in Zürich sitzt. Das sind alles unbezahlte und ungeplante Posts, also gehen wir davon aus, dass ihnen unsere Produkte, die Qualität, die Vielfalt (austauschbare Perücken, farbverändernde Haare, stylische Accessoires etc.) und die Message dahinter, kreiert von KIDS4KIDS, wirklich zusagen.

 

Braucht der Markt noch eine Puppe? Wieso soll ich «I’m a Girly» kaufen?
Der Puppenmarkt ist hartumkämpft und ja, die Auswahl ist riesig. Dennoch glauben wir, dass Spielwaren wie Puppen und das Spielen generell essentiell sind für die Entwicklung eines Kindes. Es lernt, sich um etwas zu kümmern, verantwortlich zu sein und Sorge zu tragen. Für kleinere Kinder ist unsere Puppe durch das Rollenspiel zuerst ein Freund und Begleiter, durch das Stylen und experimentieren mit unseren vielen Accessoires entdecken ältere Kinder ihren eigenen Modegeschmack, und dank den farbigen austauschbaren Perücken können sie an den Puppen verschiedene Looks ausprobieren und sich kreativ ausleben ohne dass sie die neusten Trends direkt an sich selber testen müssen. Man spielt sich sozusagen ins Erwachsenenleben hinein. Zudem versuchen wir – wo möglich – mit recycelten Materialien zu produzieren (unsere neuste Linie ist beispielsweise aus recyceltem Plastik hergestellt) und alle unsere Verpackungen sind wiederverwendbar zur Aufbewahrung der Produkte oder als Bastelvorlage für etliche Puppenaccessoires.

 

Wieso der Name? Du sprichst von «Kindern», wieso dann ein so offensichtlich weibliches Label? Was hältst du von der regen Diskussion um «Pink stinkt»? Dass die Farbe rosa immer direkt mit Mädchen assoziiert wird und Mädchen mit Puppen spielen sollen?

Die intensive Gender-Diskussion hat mittlerweile natürlich auch die Spielzeugindustrie erreicht. Einige Einzelhändler haben auf diesen gesellschaftlichen Wandel reagiert, indem sie sich von der traditionellen Art der Darstellung und Vermarktung von Spielzeug entfernt haben (z.B. neutrale “Kinderspielzeug“-Abteilungen anstatt rosa und blaue Abteilungen). Wir bei «I’M A GIRLY» freuen uns natürlich über diesen gesellschaftlichen Fortschritt und die Verwischung von Geschlechter-stereotypen. Unser Markenname ist auffällig, soll aber keineswegs Klischees verstärken. Wir verstehen den Namen viel neutraler. GIRLY ist ein Adjektiv, das eine Form des persönlichen Ausdrucks beschreibt, und nicht das Geschlecht selbst. Genauso wie ein Mädchen als «boyish» beschrieben werden kann, kann ein Junge «girly» sein. Wir sehen diese Bezeichnungen nicht als beleidigend an, wir verstehen sie einfach als Attribute, auf die man stolz sein kann, unabhängig von der Orientierung. Wir stehen für eine neue Definition von GIRLY: Es beschreibt eine starke, selbstbewusste und kreative Person.

 

Nun zu dir als Unternehmerin: Wie vereinbarst du Beruf und Familie in deinem Alltag?

Die antworten auf: BEEHIVE

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