Cosette Québatte, die erste Schweizer Radrennfahrerin

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watson.ch – jacqueline perifanakis / schweizerisches nationalmuseum

Angesichts der Olympia-Erfolge von Jolanda Neff, Sina Frei und Linda Indergand ist die Ansicht, dass Frauen für den Radsport ungeeignet sein sollen, heute nicht mehr nachvollziehbar. Und doch war diese Meinung vor rund 50 Jahren in der Schweiz noch weit verbreitet.

Im Jahr 1967 zeigte das Schweizer Fernsehen in der Sendung Avant-première sportive eine Reportage über die damals 17-jährige Cosette Québatte aus Les Verrières im Kanton Neuenburg. Die erste Schweizer Radrennfahrerin berichtete damals von ihrem Alltag, ihrem Trainingsprogramm, ihren sportlichen Zielen aber auch von den Steinen, die ihr in ihrer Karriere von männlichen Kollegen und von den Schweizer Behörden in den Weg gelegt wurden.

Die Karriere von Cosette

Cosette Québatte wurde 1950 in Les Verrières geboren und lebt noch heute dort. Mit 13 Jahren erhielt sie ihr erstes Velo und schon sehr bald setzte sie sich in den Kopf, Radrennfahrerin zu werden. In zahlreichen Briefen beantragte sie ab 1964 bei der Union Cycliste Suisse eine Schweizer Rennlizenz, doch diese wurde ihr immer wieder verwehrt. Als sie dann 1966 doch noch eine Art Lizenz erhielt, geschah dies mit dem Hinweis, dass es in der Schweiz keine Frauenradrennen gebe und, dass es ihr verboten sei, an Rennen teilzunehmen, an denen lizenzierte Fahrer starteten. Man bemerke das Wort «Fahrer», denn Fahrerinnen gab es damals in der Schweiz noch nicht.

Ausserdem wurde ihr 1967 vom Nationalkomitee für Radrennsport erlaubt, zweimal pro Woche an den Trainings für männliche Radfahrer auf der Bahn im Hallenstadion Zürich teilzunehmen. Allerdings musste sie die Reisekosten selber bezahlen, für die damals 17-jährige Cosette, die nahe an der französischen Grenze wohnte, keine machbare Option. Doch die ambitionierte Radsportlerin setzte ihren Weg unbeirrt fort. Eine internationale Rennlizenz erhielt sie nämlich schon 1966 und so startete sie 1966 und 1967 an den Weltmeisterschaften im Frauenstrassenrennen am Nürburgring in Deutschland und im niederländischen Heerlen.

Dies wurde ihr vom Schweizerischen Rad- und Motorfahrer-Bund zwar erlaubt, unterstützt oder gar gefördert wurde sie jedoch kaum. Da sie kein offizielles Trikot erhielt, startete sie in einem von ihrer Mutter liebevoll selbst genähten roten Leibchen mit Schweizerkreuzen.

In der Öffentlichkeit und in den Medien stiess die sympathische junge Frau auf Interesse. Zahlreiche Zeitungsbeiträge handelten von der ersten Schweizer Radrennfahrerin, manche eher kritisch, andere voller Bewunderung. Ihre sportlichen Leistungen wurden 1968 mit dem «Prix du mérite sportif neuchâtelois» geehrt. Eine Zukunft im Radrennsport sah Cosette in der Schweiz nicht, weshalb sie in den 1970er-Jahren auf Frankreich und Belgien auswich, um Rennen fahren zu können. Dort durfte sie starten und im Gegensatz zur Schweiz gab es offizielle Strassenrennen für Frauen.

Da sie kein Profi war, arbeitete sie stets nebenher und war ständig unterwegs. Nach einem Unfall verlor sie ihre Lizenz und zog sich in den 1980er-Jahren ganz aus dem Radsport zurück. Sie war damals enttäuscht von den Eifersüchteleien unter den Sportlern und Sportlerinnen, den Dopingfällen und von der fehlenden Unterstützung für den Radsport, weshalb sie dem Sportzirkus den Rücken zuwendete.

Dies ausgerechnet in einer Zeit, in der es langsam mit dem Schweizer Frauenradsport losging: 1982 wurde die erste Schweizer Strassenmeisterschaft für Frauen ausgerichtet. Das Velofahren geniesst Cosette Québatte weiterhin, den Wettkampf hingegen vermisst sie nicht. Ihr Herz schlägt für den Radrennsport, bis heute.

Anlässlich der Ausstellung «Räder, Rennen, Ruhm – Radsport Schweiz», die 2022 im Landesmuseum gezeigt wurde, luden wir Cosette nach Zürich ein. In einem aktuellen Interview erzählte sie uns, wie es ihr in der Zwischenzeit ergangen ist.

Der Artikel über Cosette Québatte

bild: cosette québatte

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