4 Fragen an Zora Schaad – Head of Social Responsibility Board by 20Minuten

Zora Schaad

Schon als Schülerin lagen meine Stärken und Interessen im Sprachlichen und im Sozialen. Ich wusste, dass ich mich in diese Richtung spezialisieren wollte, und habe dann an der Uni Ethnologie, Linguistik und Sozial- und Präventivmedizin studiert. Eine etwas wilde Mischung, zugegeben, aber für mich eine Möglichkeit, meine Talente zu vereinen: Genau hinzuschauen und Worte zu finden, wenn es um Menschen geht, die Dinge erleben, die ausserhalb unserer Alltagswelt liegen, die Situationen erfahren müssen, in denen unser Vokabular an Grenzen stösst, in denen unser gewohntes Denken Umwege machen muss.

Als Studentin habe ich zu HIV- und Aids-betroffenen Kindern gearbeitet und an einem internationalen Forschungsprojekt zu Menschen teilgenommen, die aus gesundheitlichen, gesellschaftlichen oder rechtlichen Gründen ihren Kinderwunsch nicht einfach umsetzen konnten oder durften. Ich wollte diesen Menschen eine Stimme geben und darlegen, was sie erleben, was sie umtreibt und zeigen, wie gesellschaftliche Tabus ihr Leben prägen.

Ich stieg in den Journalismus ein und spezialisierte mich auf Gesellschafts- und Gesundheitsthemen, zwischendurch war ich mehrere Jahre für eine NGO im Bereich Entwicklungszusammenarbeit als Redaktorin, Kampagnenleiterin und Mediensprecherin tätig.

Heute leite ich das rund 20-köpfige Social Responsibility Board bei 20 Minuten, ein im deutschsprachigen Journalismus einzigartiges Projekt, um unsere Publizistik diskriminierungsfrei und traumasensibel zu gestalten, ohne von unserem Gebot der publizistischen Neutralität abzuweichen. Ich unterstütze die Redaktion darin, bei sensiblen Themen wie sexualisierter Gewalt, Rassismus oder Homo- und Transfeindlichkeit die richtigen Worte zu finden – eine Dienstleistung, die wir neuerdings auch Unternehmen und Institutionen anbieten. Es ist eine Arbeit, die mich erfüllt: einerseits, weil ich das tun kann, was mich schon immer am meisten umgetrieben hat. Andererseits, weil ich überzeugt davon bin, dass es für unser Zusammenleben wichtig ist, genau hinzuschauen und sorgfältig zu formulieren, um Diskriminierungen abzubauen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Medienhäuser, Institutionen und (grosse) Unternehmen nehmen hier eine Vorreiterrolle ein.

LinkedIn: Zora Schaad 


SWONET: Was fasziniert und begeistert Dich an Deiner Arbeit?
Zora Schaad: Dass ich selbst jeden Tag lerne. Kein Case ist wie der andere. Es gibt ein paar klare Regeln zum diskriminierungsfreien Schreiben und stereotypenvermeidender Bildsprache. Der weitaus grössere Teil der Entscheidungen liegt aber in einem Graubereich und erfordert eine genaue Betrachtung des Einzelfalls. Ausserdem ist unsere Gesellschaft zunehmend werteaffin: Was heute als neutrales Wording gilt, kann morgen schon einen Beigeschmack haben. Diese hohe Dynamik und die feine Granularität der Entwicklungen, die sich oft in den sozialen Medien als Erstes akzentuiert, faszinieren mich.

 

SWONET: Wie betrachtest Du Karriere, früher und heute?

Zora Schaad: Ich bin dankbar, dass meine Interessen einen Nerv treffen: Heute ist es mir möglich, mein sprachliches Sensorium – früher wurde ich manchmal belächelt als Gutmenschen-Sprachpolizei – beruflich zu nutzen und damit Karriere zu machen. Ich übernehme gerne Verantwortung und bringe meine Herzensanliegen natürlich besser an ein Publikum, wenn ich eine Position innehabe, der Gewicht zugeschrieben wird. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.

 

SWONET: Was ist Dein Rat für Berufseinsteigerinnen oder Gründerinnen?

Zora Schaad: Netzwerke bilden, gerade mit Frauen. Glaubt nicht an das Narrativ der «stutenbissigen Zicken», ich habe das so nie erlebt. Steht auf, wenn es Verantwortung zu übernehmen gibt und nehmt Herausforderungen an, selbst wenn ihr dafür noch nicht alle Skills mitbringt. Traut euch, eure Meinung zu sagen und für euren Wert einzustehen. Manchmal muss man in den sauren Apfel beissen und nervige Aufgaben übernehmen oder unangenehme Entscheide fällen – manchmal aber auch den Mut aufbringen, Nein zu sagen. Gerade uns Frauen fällt das oft schwer.

Rückschläge sollte man sportlich nehmen, alle erleben welche. Auch Chefinnen und Chefs. Die sind übrigens auch nur Menschen. Ich spreche mit meinen Vorgesetzten offen und respektvoll. Ich äussere Kritik, wenn sie mir gerechtfertigt scheint. Und ich lobe sie ehrlich für gute Entscheidungen. Das macht kaum jemand, ist und macht aber sympathisch.

 

SWONET: Wie startest Du in den Tag?

Zora Schaad: Unspektakulär. Kafi, Radio und Dusche für mich und meinen Freund. Schoggimilch, Brötli und Joghurt für die Kinder. Küsse und Umarmungen für alle.

 

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