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Brigitte Schweiz – Dörte Welti

Was treibt junge Frauen wie Tiana Glatt und Dr. Mirjam Hirzel heute an, sich in NGOs zu engagieren? Z.B. Perspektiven schaffen und langfristige Unabhängigkeit bewirken.

Tiana Glatt (Foto r.) arbeitet seit etwas über einem Jahr im Bereich PR und Fundraising bei usthi.ch. «Ich wollte immer in einer Stiftung resp. einer NGO schaffen», erklärt Tiana. Sie hat Bildungs- und Kulturmanagement schon mit diesem Ziel studiert, hat zwei Jahre in Uruguay für eine Stiftung gearbeitet und bringt jetzt ihre Erfahrung bei Usthi ein.

«Meine Doktorarbeit hat sich mit Konfliktforschung beschäftigt», erklärt Dr. Mirjam Hirzel (r.). Sie studierte Development Studies in Cork, Irland, wo sie einen grossen Teil ihres Lebens verbrachte. Ihren Master machte sie in Politikwissenschaften an der ETH in Zürich und hatte ebenfalls immer als Ziel die Entwicklungszusammenarbeit. «Ich hatte den Wunsch, bewusst aus der wissenschaftlichen in die reale Welt zu gehen, um näher an den Problemen zu sein», rekapituliert Mirjam. Das Stelleninserat für Programmkoordination bei Usthi, einer Schweizer NGO, die sich seit über 45 Jahren um den Zugang zu Bildung für Mädchen und auch Jungen aus bildungsfernen Familien in Indien und Nepal engagiert, sprach sie in 2020 sofort an, weil sie die Feldforschung für ihre Doktorarbeit in Indien gemacht hat.

 

Ist es nicht anmassend, aus der westlichen Welt zu kommen und Menschen in Indien und Nepal zu erklären, wie sie ihre Zukunft gestalten sollen? Mirjam und Tiana schütteln den Kopf, Usthi funktioniere anders. «Ich war sehr lange vor Ort», sagt Mirjam, «und gehe einmal pro Jahr auch wieder nach Indien und Nepal, um unsere Projekte zu überprüfen,

zu evaluieren und mit den lokalen Partnerorganisationen weiterzuentwickeln.» Kernproblem ist, dass jungen Menschen aufgrund von Armut der Zugang zu Bildung verwehrt bleibt. «Die Kultur ist anders», weiss Mirjam, «aber vor allem Mädchen und junge Frauen können sich mit Bildung eine Unabhängigkeit schaffen, finanziell und moralisch.» Dass manche Mädchen dennoch heiraten/verheiratet werden und Kinder bekommen, ist einkalkuliert. Zumindest wüssten die Frauen aber, dass sie in der Lage wären, sich selbst und ihre Kinder zu ernähren.

Vorherrschende kulturelle Strukturen sind eingefahren, Tiana weiss trotzdem von durchweg positiven Veränderungen zu berichten: «Wenn Eltern ihre Mädchen nicht zur Schule schicken, ist es meist eine Frage des Schulgeldes, nicht einer kategorischen Ablehnung.» Den Familien würde geholfen, das Schulgeld bezahlen zu können, allerdings müssen sie selbst immer einen Obulus beitragen und ist er noch so klein: «Die Wertschätzung für den Bildungsweg des Kindes und das Selbstwertgefühl der Familien ist dann viel grösser, als wenn man es gratis ermöglicht.»

Natürlich gibt es auch Rückschläge. Kinder, die plötzlich nicht mehr in der Schule auftauchen, dann würden sich aber die Mitarbeiter von Usthi vor Ort, alles Locals, auf den Weg machen, die Familien besuchen und versuchen, für was auch immer das Problem ist, eine Lösung zu finden. Nachhaltigkeit liegt im Fokus. «Wir helfen nicht einfach <den armen Kindern>», doziert Mirjam. «Indien braucht eine gebildete Jugend, damit sie ihre Probleme vor Ort lösen können.» Es würden Türen geöffnet, im Bildungswesen, in der Agrarwirtschaft, im Gesundheitswesen.

Erfolgsstorys machen Mut. Wie die von einer jungen Frau, die als Strassenkind zu Usthi kam und später Leiterin des Check-ins am Flughafen in Delhi wurde. «Sie ist ein Vorbild für andere Frauen und für ihre Kinder. Das geht nur, wenn man den Menschen den Weg zum formellen Arbeitsmarkt öffnet», erklärt Mirjam. Der informelle sind die abertausend ungelernten Hilfskräfte, die irgendwo in Fabriken oder auf der Strasse arbeiten. Ist es nicht nervend, immer um Spendengelder betteln zu müssen? «Langfristig soll die Abhängigkeit von Spenden abgebaut werden», skizziert Tiana den Idealzustand. Bis dahin aber ist es noch ein langer Weg.

Usthi wurde vor über 45 Jahren vom damaligen Swissair-Piloten Kurt Bürki und seiner Frau Edeltrud auf einer Reise nach Kolkata begründet. 1977 eröffneten sie die erste Schule im Dorf Usthi, 1985 wurde die Stiftung offziell eingetragen.

usthi.ch

Bildunterschrift:

Zwei von vier: Mirjam Hirzel und Tiana Glatt, in Zürich arbeiten noch

Geschäftsführerin Alessandra Grosse und Fundraiser Christian Rübensaal.

 

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