Volle Businessclass: Swiss-Kunden kommen zurück

Fokus

NZZ am Sonntag – Birgit Voigt –

Die Airlines im Lufthansa-Verbund spüren dank wieder geöffneten Nordamerikastrecken Aufwind. Die starke Nachfrage überrascht die Manager.

Kaum war die Nachricht draussen, fluteten die Buchungen für Flüge in die USA ins System. In den letzten Septembertagen liess die US-Regierung verlauten, voll geimpfte Europäer dürften bald wieder in die USA einreisen.

Seither schiesst bei der Swiss die Nachfrage nach Tickets aus der Schweiz und Deutschland durch die Decke.

Die Wiedereröffnung lässt auch den Optimismus in der Geschäftsleitung des Lufthansa-Konzerns steigen. Nicht nur die generelle Nachfrage nach Flugreisen kommt nämlich zurück, sondern offenbar auch die Nachfrage für die teuren Plätze in der Businessclass.

«Wir hatten vergangenes Jahr noch stärkere Bedenken, dass die neuen Videokonferenztechnologien tatsächlich den Geschäftsreiseverkehr deutlicher reduzieren», sagt der Kommunikationschef der Lufthansa, Andreas Bartels. «Aber wir stellen fest, dass sie den Managern auch mehr Flexibilität und damit neue Möglichkeiten zum Reisen eröffnen, obwohl zu Hause wichtige Sitzungen anstehen. Im Rahmen unseres noch begrenzten Angebots ist die Businessclass oft voll.»

Dabei setzten sich offenbar nicht nur Geschäftsreisende wieder in die komfortableren ersten Reihen der Flugzeuge. Auch Ferienreisende leisten sich gemäss Bartels vermehrt den Luxus: «Das ist vielleicht auch eine Konsequenz der Pandemie. Die Menschen schätzen den zusätzlichen Platz.»

Die beiden Entwicklungen sind für die Airlines von enormer Bedeutung. Gemäss einer Analyse der Credit Suisse erwirtschafteten die Fluggesellschaften vor der Pandemie rund 45% ihrer Erlöse mit den Reisenden in der Businessclass – und zu einem wichtigen Teil mit Passagieren im Nordatlantikverkehr.

Swiss fährt Marketingkampagne

Auf den Tag der Wiederöffnung – den 2. November – fährt die Swiss denn auch ihre Frequenzen für Flüge in die USA wieder deutlich noch oben. Bereits ist eine weitere Lounge für Businessclass-Passagiere am Flughafen Zürich eröffnet. Gleichzeitig umschmeichelt die Marketingabteilung mit einer Kampagne die Gutbetuchten. Bezahlt für einen, fliegt zu zweit, heisst die Devise. «Wir konnten seit der Ankündigung der Öffnung durch die USA eine deutliche Steigerung der Buchungsdynamik feststellen. Dies gilt auch für Geschäftsreisen», erklärt die Swiss-Medienstelle auf die Frage, wie es läuft.

Von einer Rückkehr zur Normalität sind die Fluggesellschaften trotzdem immer noch weit entfernt. Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 dürfte die Branche 2021 immer noch 44% weniger Flüge absolvieren. Doch vergangene Woche publizierte die Flugverkehrsorganisation Eurocontrol ihre neueste Prognose für 2022. Demnach könnten im nächsten Jahr wieder 9,8 Mio. Flüge in Europa stattfinden. Das wäre nur noch ein Minus von 11%.

Dieser Ausblick auf eine rascher als gedachte Rückkehr des Flugverkehrs auf alte Niveaus lässt Zweifel aufkommen, ob die drastischen Personalreduktionen innerhalb der Lufthansa-Gruppe wirklich nötig waren. Unter dem existenziellen Druck liessen sich Veränderungen jedenfalls weit schneller durchsetzen als in normalen Zeiten. Von einst fast 140 000 Mitarbeitern sind 30 000 aus dem Konzern ausgeschieden. Bis Ende 2023 sollen weitere 5000 Stellen abgebaut sein. Insgesamt will der Konzern bis 2024 die Personalkosten um 1,8 Mrd. € senken.

Die Swiss schrumpft um 2000 Mitarbeiter oder umgerechnet 1700 Vollzeitstellen. Die Verhandlungen sind weitestgehend geführt, einzig mit den Piloten stehen noch schwierige Debatten an. Sie haben zur Krisenbewältigung bereits einem Abbau von umgerechnet 120 Vollzeitstellen zugestimmt, der aber über eine Flexibilisierung sämtlicher Arbeitspensen ohne Entlassungen bewerkstelligt werden kann. Dazu kommen insgesamt 100 Frühpensionierungen in den kommenden Jahren. Ob die Piloten dazu auch noch Lohnsenkungen hinnehmen werden, steht nun als schwierige Frage offen im Raum.

Quasi im Zeitrafferverfahren hat das Management dazu die Flotte teilerneuert und von 800 auf 700 Maschinen geschrumpft. Vor allem bei den Langstreckenjets ist Erstaunliches passiert. Ausgemustert sind die riesigen A380-Jets und auch ein guter Teil der vierstrahligen A340. Sie werden ersetzt durch die derzeit besten, effizientesten Flugzeuge am Markt.

Der ganze Artikel auf NZZ am Sonntag

Bild: Christian Beutler

Sponsoring