Start-up Serie #3 – Dancing Queens

Fokus

Ladies Drive – Dörte Welti

Geht bei Ihnen auch das Kopfkino mit Musik an, wenn Sie den Titel lesen? Bettina Giménez und Sophie Köster haben sich auf einen internationalen Onlineshop für Tanzschuhe fokussiert und erzählen über das schwungvolle Startup in der #3 unserer Serie über Startups, denen Unternehmer Roland Brack neben Kapital auch Hilfe in strategischer Entwicklung angedeihen lässt.

Irgendwie wird im Laufe dieser Serie deutlich, dass sich auch abseits von Innovationshubs und Ballungszentren sensationelle Startup-Idee Bahn brechen können, die Serie hat uns schon ins Aargau und ins Entlebuch geführt. Büro und Shop der 2019 gegründeten Dancing Queens sind am Pfäffikersee in einer hypermodernen Wohnungsüberbauung mit Multipurpose-Räumen im Erdgeschoss zuhause.

Was die Dancing Queens allerdings von den beiden vorherigen Startups dieser Serie unterscheidet: Für Bettina Giménez und Sophie Köster ist das nicht die erste Startup-Erfahrung, wohl aber die erste ganz eigene.

Wie seid ihr auf die Idee zu Dancing Queens gekommen?

Sophie: Bettina und ich haben beide bei HelloFresh gearbeitet, auch ein Startup, aber aus Deutschland, wo man sich jede Woche Mealkits, also Kochboxen nachhause schicken lassen kann. Wir fanden, wir arbeiten wirklich gut zusammen, haben so viel Spass – also lass uns das eigene Startup gründen. Wir haben uns zusammengesetzt, überlegt, wo denn so die grössten Pain Points in unserem Leben sind. Und Bettina hat sofort gesagt, ich finde nirgendwo moderne Tanzschuhe. Wenn, dann immer nur auf Festivals und dann immer nur wenig Marken.

Seid ihr beide Tänzerinnen?

Sophie: Ich bin keine Tänzerin. Ich habe ganz lange Profi-Basketball gespielt und komme eher aus dem Sportbereich – doch es gibt unglaublich viel Parallelen. Wir haben am Tag danach angefangen, uns Produzenten zu suchen, haben einen Shopify-Shop aufgesetzt und versucht, das Schritt für Schritt neben unserem eigentlichen Job zu aufzuziehen.

Was sind oder waren denn eure eigentlichen Jobs?

Sophie: Ich habe einen Master in BWL, habe für HelloFresh den Schweizer Markt aufgebaut, war von Anfang an dabei. Ich bin dann zu Dillysocks gewechselt, noch ein Startup, aber ein schweizer, und habe dort das Marketing aufgebaut. Seit letztem Dezember bin ich Vollzeit für Dancing Queens da.

Bettina: Ich habe in St. Gallen studiert und dort meinen Master gemacht in Marketing und Kommunikation. Während des Studiums habe ich begonnen, bei der ZKB zu arbeiten. Nach einigen Stationen hat es mich für ein Paar Jahre in die Startup-Welt gezogen, unter anderem zu HelloFresh, wo ich die Schweiz mit einem Kollegen leitete. Dort traf ich auf Sophie. Danach führte mein Weg zurück zur ZKB und habe dort die Dritte-Säule-App frankly mitentwickelt. Seit Oktober 2021 widme ich mich Vollzeit unserem Startup Dancing Queens.

Welche Skills aus eurem beruflichen Vorleben waren wichtig für den Aufbau von Dancing Queen?

Bettina: Bei der ZKB lernte ich mit frankly, etwas auf einer vollständig grünen Wiese aufzubauen. Ich musste dort als allererstes einen Business Case mit diversen Bereichen schreiben, das hat mir extrem geholfen, bei Dancing Queens den Case aufs Papier zu bringen. Ein grosser Teil, den ich sicherlich von HelloFresh mitgenommen habe, genau wie Sophie auch, ist der Bereich des Performance Marketing. Dies hilft uns, zu vernünftigen Preisen Neukunden zu gewinnen.

Dann seid ihr 2019 mit eigenem Geld gestartet?

Bettina: Genau. Und als wir merkten, dass es funktionierte, gründeten wir eine GmbH.

Aber um Schuhe zu verkaufen, braucht man doch einen Lagerbestand, das ist doch ein Riesenbudgetposten?

Bettina: Wir haben uns ein Spezialmodell überlegt. Wir wollten nie 100 Schuhe an Lager nehmen und sie verkaufen, sondern wir hatten ein grosses Angebot im Shop, haben nur beim Produzenten eingekauft, was effektiv bestellt wurde und das ausgeliefert. Durch die Retouren bauten wir nach und nach unser Lager auf und strukturierten dies seit «Höhle der Löwen Schweiz» weiter.

Sophie: Bei HelloFresh haben wir auch Weiterempfehlungsmarketing gelernt. Unsere loyalen Kunden sind unsere besten Weiterempfehler und wir haben begriffen, wie wir das monetarisieren können.

Bettina: Es sind viele generelle Dinge, die wir mitgenommen haben aus unseren vorherigen Berufen. Es geht um das Unternehmertum per se. Ich war bei der ZKB für die Zeit, in der wir frankly implementiert haben, mit einem Team Unternehmerin innerhalb der ZKB. Man wird so zum Allrounder. Wir stehen jeden Tag vor zahlreichen Situationen, die wir noch nie hatten und eigentlich nicht wissen, wie wir sie lösen müssen. Wir befinden uns mehrfach am Tag auf verschiedenen Flughöhen, müssen mal im Shop helfen oder an einer Hochschule eine Präsentation halten. Im nächsten Augenblick treffen wir potenzielle Investoren zum Lunch.

Wo ausser bei euch selbst habt ihr euch noch Knowhow gesucht?

Bettina: Wir haben ein grosses Netzwerk mit Personen von anderen Onlineshops oder Fachspezialisten, die uns weiterhelfen. Auch beim Verfassen des Dancing Queens Cases konnten wir auf viele Kontakte, zum Beispiel noch aus der Bankenwelt zurückgreifen, die uns unterstützten.

Sophie: Oder wir konsultieren mal einen Rechtsanwalt, den wir kennen. Wir suchen uns eher ein Netzwerk von Leuten, die andere Fähigkeiten haben als wir und uns so besser unterstützen können. Wenn wir jetzt was über TikTok erfahren wollten, dann hilft uns auch mal mein kleiner Bruder!

Das Büro ist in Deiner Wohnung, Bettina, der Shop im selben Haus. Ist das ein Nachteil oder praktisch?

Bettina: Es ist für mich persönlich ganz klar ein Vorteil, der viel Flexibilität ermöglicht. Es ist aber historisch gewachsen: Vorher war alles in meiner Wohnung, auch das Retourenlager. Irgendwann war es zu klein. Ausserdem kamen Kunden vorbei, die die Schuhe anprobieren wollten. Kurz darauf wurde der Shop unten frei, der jetzt schon wieder zu klein ist. Inzwischen haben wir Bestellungen von französisch Guyana bis Neuseeland und zwei externe Lager, die die Logistik machen, eines in Deutschland und eines in Wettingen. Wir sind auch auf der Suche nach einem Shop / Büro an zentralerer Lage.

Die Sendung «Schweizer Höhle der Löwen» – Wer ist auf die Idee gekommen, da mitzumachen?

Bettina: Wir haben es aufgrund der operativen Tätigkeit lange herausgeschoben, einen Case zu schreiben. Als ich bei der ZKB gekündigt habe war klar, dass dies die erste Aufgabe sein wird. Zudem war ich schwanger und wollte die Finanzierung unbedingt vorher noch sicherstellen und so viel Zeit wie möglich in die Skalierung investieren. Wir hatten beide keine Erfahrung mit der Suche nach Investoren und haben die Sendung als idealen Startpunkt angesehen. Wir wussten bereits damals, perspektivisch kündigen wir beide und entweder machen wir es richtig oder gar nicht. Unsere Ambitionen waren von Anfang an hoch, wir wollten so schnell wie möglich Dancing Queens in verschiedene Länder skalieren.

Mit wieviel ist Roland Brack eingestiegen?

Bettina: Wir möchten die Beträge nicht nennen. Aber es waren damals zwei Investoren, neben Roland Brack ist auch Bettina Hein eingestiegen.

Und wo steht ihr heute?

Sophie: Unser Umsatz hat sich pro Jahr verdreifacht.

Wenn ihr anderen Startups Dinge raten sollt: Was ist der grösste Fehler oder die grösste Schwierigkeit, für die man sich wappnen sollte?

Bettina: Ich glaube, ein entscheidender Punkt ist die Rekrutierung.

Weil ihr zu spät oder die falschen Menschen rekrutiert habt?

Bettina: Zu spät. Wir hatten vor der Finanzierung lange keinen Mut, jemanden einzustellen. Auch hätten wir früher Investoren suchen müssen, denn wir sahen, dass es funktioniert.

Und ihr wart beide schwanger.

Bettina: Ja, die Babys und die Finanzierung kamen gleichzeitig. Damals brauchten wir dann dringend Mitarbeitende.

Sophie: Ein weiterer Punkt, den wir anders hätten machen sollen, ist, früher mehr Geld auszugeben. Wir waren sehr vorsichtig mit Marketingausgaben bei Massnahmen, wo wir überzeugt waren, dass sie funktionierten – die Liquidität stand immer im Zentrum und das tut sie oft bis heute.

Der Artikel von Dörte Welti

Bild: Dancing Queen / Ladies Drive

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