Start-up Serie #2 – Veronika Waldvogel: BanChips

Fokus

Ladies Drive – Haben Sie schon mal Bananenchips aus Kochbananen probiert? Wie sie den karibischen Snack in der Schweiz etablieren will, erzählt Veronika Waldvogel in #2 unserer Serie über Startups, denen Unternehmer Roland Brack neben Kapital auch Hilfe in strategischer Entwicklung angedeihen lässt.

Die Fahrt zu Veronika Waldvogel führt tief hinein ins Aargau in einen kleinen Ort namens Schneisingen. Mitten in einem Wohngebiet in den ehemaligen Produktionsräumen einer Schlachterei hat Veronika Waldvogel ihre Frittieranlage aufgebaut. Der Produktname «banchips» verrät, dass hier Bananen verarbeitet werden, aber nicht irgendwelche herkömmlichen, sondern grüne Kochbananen.

Veronika, wie kommt man um Himmels Willen auf die Idee, Kochbananen zu Chips zu verarbeiten?

Dazu muss ich meinen Werdegang erklären. Ich habe ursprünglich Köchin gelernt. Anschliessend ging ich nach Genf, wollte dort eigentlich nur einen Sprachaufenthalt machen, bin dann aber sieben Jahre hängengeblieben. Das Kochen allein war aber nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte, also machte ich eine Postschalter-Ausbildung. Dank der bin ich durch Freunde in die Karibik gekommen.

Vom Postschalter in die Karibik?

Genau. Ich bin/war damals schon ein bisschen reisefreudig und hatte sehr global eingestellte Freunde, ein Pärchen. Er kam aus Saint Lucia, sie aus der Schweiz. Zusammen haben sie auf der Karibikinsel Land geerbt und dann ein kleines Hotel aufgebaut. Weil ich ja mal gekocht hatte, fragten sie mich, ob ich nicht helfen wollte bis zur Eröffnung, und ich sagte zu, auch wieder mit dem Hintergedanken, ein Jahr Auslandsaufenthalt zu machen. Daraus wurden zehn Jahre im Fox Grove Inn auf Saint Lucia, die ich auch genutzt habe, um mich in IT weiterzubilden, damit ich so ein bisschen Computer-Knowhow habe. Auf Saint Lucia habe ich das erste Mal die Kochbanane kennengelernt. Sie ist ein Grundnahrungsmittel in der Karibik, hart wie unsere Kartoffeln und wird genauso verarbeitet, also gekocht, gebraten und auch zu Chips frittiert. Ich fand die schon immer lecker, dachte aber nicht daran, dass ich mit Kochbananenchips jemals ein Business aufziehen würde.

Hast Du dann aber doch! Wie kam es dazu?

Zurück in der Schweiz – das ist jetzt ca. 20 Jahre her – habe ich mich erneut weitergebildet, habe Betriebswirtschaft gelernt und bin zuletzt im Telekommunikations- und Finanzbereich gelandet.

Ganz woanders!

Ja, total! Vor jetzt circa 7 Jahren entdeckte ich bei uns in der Migros Kochbananen. Dann habe ich natürlich auch die Chips gesucht, weil ich aus Erfahrung wusste, dass in Südamerika der Markt für Kochbananen Chips so gross ist wie bei uns der der Kartoffelchips. Ich bin davon ausgegangen, dass die sicher auch importiert werden und wollte nur als Kunde welche kaufen. Ich fand aber keine, habe mir dann Kochbananen gekauft und selbst Chips hergestellt. Alle, denen ich die Chips vorsetzte, sagten, wow, sind die gut, wäre das nicht eine Marktlücke? So fings an.

Also machst Du seit sieben Jahren Bananenchips?

Nicht als Business. Ende 2018 habe ich die Firma gegründet dann wirklich im Jahr 2019 angefangen. Während der Gründung wurde ich schon das erste Mal angeschrieben, dass ich mich doch bei «Höhle der Löwen Schweiz» melden soll. Das war für die 1. Staffel.

Ist das Team von der Sendung per Zufall auf dich gestossen?

Bei der Gründung musste ich mich überall anmelden. Ich habe einen Kurs gemacht, wie man sich selbstständig macht und habe mich über das Gründer Institut auf diverse Plattformen, Newsletter etc. angemeldet. Das Gründer Institut hat das weitergeleitet und so kam das Team von «Die Höhle der Löwen» von drei verschiedenen Seiten auf mich zu, ich wäre prädestiniert für die Sendung und ich solle mich doch dort melden und mitmachen. Erst dachte ich, oh je, das ist nichts für mich. Dann habe ich mich doch angemeldet, ich fand, so ein Fernsehauftritt ist sicher gut, um bekannter zu werden. In der Sendung habe ich sofort einen Investor gefunden. Einen Chips-Fan!

Roland Brack?

Genau. Er ist mit 25 Prozent eingestiegen für 50 000 Franken. Ich hatte noch nicht wirklich etwas vorzuweisen ausser der Idee und meinen in meiner Küche zuhause selbst fabrizierten Chips.

Hast Du das Geld für Infrastruktur benötigt?

Ich hatte aus Erspartem schon selbst investiert für die Maschinen. Andere Investoren hatte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Das Geld ist für die Weiterentwicklung.

Selbst investiert – das klingt nach alles oder nichts. Nach dem Motto: In die Karibik kann man ja immer wieder zurück?

Ja, ich weiss, das ist so wirklich ein bisschen alles oder nichts. Ich nehme mir diese Freiheit. Man muss was riskieren, damit was dabei rausschaut, etwas, das ich zum grossen Teil tatsächlich in der Karibik gelernt habe. Wenn man sieht, wie die Leute dort leben und wie alles trotzdem weitergeht, ohne Hunderttausend Sicherheiten und ohne Geld auf der Bank, ohne gar nichts.

Hast du dann weitere Investoren gefunden auf dem Weg bis heute?

Wir konnten dank des Kickstarts gut starten. Online hat es dann so gut funktioniert, dass ich in drei Jahren zweimal den Umsatz verdoppeln konnte. Kürzlich konnte ich mich bei den Business Angels vorstellen und für ein Wachstumsinvestment pitchen. Mit dem könnte ich jemanden anstellen, der mir die Produktion so ein bisschen übernimmt, damit ich mich massiv mehr auf Verkauf und Marketing konzentrieren kann. In den Verhandlungen geht es um 25–50 000 Franken für 1–3 Prozent. Gesamthaft möchte ich 10–12 Prozent für 250 000 Franken vergeben und suche bei den Business Angels nach mehr Investorinnen, es wäre schön, wenn ich mehr Frauen finden könnte, BanChips ist ein Frauenbetrieb!

Gab es auch Momente, in denen es nicht so gut lief?

Ab 2022 habe ich mich komplett auf BanChips fokussiert, weil ich davon ausging, dass es so gut weiterlaufen würde. Es kam dann aber schon ein Einbruch, der Onlineverkauf nahm ab. Die Menschen waren wieder freier, durften reisen. Ich bin dann dazu übergegangen, an der Bekanntheit der Marke zu arbeiten und habe Messen gemacht, viele Messen.

Was sind die Massnahmen und wie willst Du BanChips weiterentwickeln?  

Es ist heute immer noch nicht ganz klar, ob B2B oder B2C oder in welche Richtung es gehen soll. Momentan fahre ich tatsächlich beides. Was sich wahrscheinlich als gar nicht schlecht entpuppt, also der Onlineverkauf für private Kunden bei brack.ch, auf meinem eigenen Shop mittlerweile und auch der stationäre in zwei drei kleineren veganen Shops.

Wie produzierst Du die BanChips?

Die Bananen kommen hier an aus Equador oder Kolumbien. Seit drei Jahren arbeite ich mit der Stiftung Vivendra zusammen, weil ich schon lange nicht mehr die Bananen alleine schälen kann, das ist eine Heidenarbeit. In der Stiftung schälen sie die Bananen, der Rest der Produktion passiert hier bei mir. Ich könnte die ganze Produktion zu Vivendra aussourcen, sobald ich hier an die Kapazitätsgrenze komme, was aber noch nicht der Fall ist. Heute mache ich 250 000 Franken Umsatz im Jahr, könnte aber hier mit diesem Setup bis 1 Mio. Franken Umsatz produzieren.

Gibt es etwas, was Du im Nachhinein anders machen würdest? So als Tipp für andere Gründerinnen?

Der reine Fokus auf Onlineverkauf anfangs, bedingt durch Corona, war okay, aber man hätte zum Beispiel früher die Drogerien angehen können, weil die sich mittlerweile als super Detaillisten entpuppen. Aber dazu fehlte die Zeit, weil ich alles alleine gemacht habe. Ich würde heute so ein Business nicht mehr allein gründen. Das war ein bisschen naiv, man schafft nicht alles alleine von der Produktion bis hin zum Versand der Ware.

Gab es Momente, wo du gefunden hast, was mache ich hier eigentlich? Ich hör auf.

Ja doch, die gibt es schon immer wieder mal, man wird schon massiv gefordert. Anfang Jahr hatte ich das erste Mal Probleme, Bananen zu bekommen. Equador hat politische Probleme, Unwetter kamen hinzu, das hat dazu geführt, dass die Bananen über Monate knapp waren. Ich wurde nervös, weil eine Lieferung für Lidl anstand, die zweimal im Jahr eine Aktion fahren, wo sie Schweizer Kleinproduzenten unterstützen. Für mich ist das ein superschöner Auftrag, weil sie fair sind, sie bezahlen gut, sie stellen die Kartonage zur Verfügung und unterstützen wirklich Kleinproduktionen. Vielleicht sollte ich dort mal anklopfen, um dauerhaft ins Sortiment zu kommen. Ich finde sowieso, ich gehöre irgendwann mal in die grossen Detaillistenketten. Aufhören? Nein.

Banchips.ch

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