Prix Darstellende Künste: Barbara Frey erhält den wichtigsten Theaterpreis der Schweiz

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Aargauer Zeitung – Daniele Muscionico

100 000 Franken für die erste Intendantin in der Geschichte des Schauspielhaus Zürich: Mit der Basler Musik- und Theaterregisseurin Barbara Frey wird auch eine Musikerin ausgezeichnet, sie galt als «die Frau mit dem härtesten Schlag».

Die Auszeichnung war überfällig, der Preis ehrt die richtige Person. Keine Schweizer Theaterfrau ihres Kalibers und Rangs hat im Laufe ihrer Karriere mehr Schläge eingesteckt als Barbara Frey – und mehr ausgeteilt als sie. Die 59-jährige Basler Regisseurin und Intendantin, die dieses Jahr mit dem am höchsten dotierten Theaterpreis ausgezeichnet wird, den der Bund zu vergeben hat, war auch – und ist es noch immer – Schlagzeugerin.

«The Action Office» hiess ihre Rockband. Wer Gelegenheit hat, einen ihrer seltenen Ausreisser und Rückfälle in ihre alte Identität zu besuchen, darf das nicht verpassen. Mit ihrem langjährigen Mitmusiker und Bühnenbekannten Fritz Hauser auf dem Set ist sie bis heute «die Frau mit dem härtesten Schlag». Die Auszeichnung verpasste der jungen Musikerin und Regieassistentin am Theater Basel der Achtzigerjahre die bewegte studentische Szene.

Ihr stummes Knallertheater ist innerlich laut

Geschichte gemacht hat Barbara Frey allerdings mit ihrer Bühnenarbeit auf dem Theater und in der Oper. Nach langen Wanderjahren, produktiver Unruhe in den besten deutschen Theatern, folgte der Ruf der Heimat: Sie akzeptierte ihn 2009 und trat die Intendanz an als erste Frau überhaupt an der Spitze des Schauspielhaus Zürich. In den zehn Jahren ihres Amts hob sie mit grosser Beharrlichkeit immer wieder Literatur auf die Bühne und kultivierte mit ihrer Regiehandschrift eine neue Ernsthaftigkeit.

Doch nicht immer war das breite Publikum überzeugt, von Frey genug Unterhaltung und Populäres, genug Knaller vorgesetzt zu bekommen. Mit ihrer künstlerischen Kompromisslosigkeit und Härte machte sie sich nicht nur Freunde. Denn das ist die Preisträgerin auch: Hartnäckig, bisweilen auch stur, und auf ihre Weise gänzlich frei von jedem Ehrgeiz, von der Öffentlichkeit gemocht zu werden.

Sie erkämpfte sich den Erhalt des Schiffbaus für das Theater

Doch vor allem mit etlichen deutschen Erstaufführungen der Stücke des norwegischen Minimalismus des Sprachverweigerers Jon Fosse, ein Geistesverwandter der Baslerin, hat ihr das deutschsprachige Theater viel zu verdanken. Frey schenke Zürich auch ein Ensembletheater, wie es danach nicht mehr möglich war. Und dass sie vor ihrem Amtsantritt die für das Theater finanziell belastende Situation des Schiffbaus zugunsten des Hauses entschieden hatte, war nur ein Nahkampf von vielen, den sie hinter der Kulisse mit der Stadt schlug.

Die Liebe zum Kämpferischen, Sperrigen begleitet sie, wo immer sie Regie führt, regelmässig tut sie das am Burgtheater Wien. Aktuell aber auch mit einer peinvoll psychologischen Inszenierung des «Das weite Land» von Arthur Schnitzler als Intendantin der spartenübergreifenden Kulturfestivals Ruhrtriennale in Bochum. Der Intendantenposten gilt als Ritterschlag im deutschsprachigen Theater und als Bestätigung, die Kunst des Grenzgangs zu beherrschen. Zwischen Theater und Musik geht für Barbara Frey kein Blatt. Es gab vor ihr das Talent der Musikalität. Mit ihr und nach ihr wird man den Begriff ausweiten und eine Verbindung gefunden haben zwischen Sprache und Musik – die Sprachmusikalität.

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