Gegen Food-Waste: Stiftung Töpferhaus und Bäckerei Jaisli entwickeln mit Sternekoch Pasta aus altem Brot

Fokus

Aargauer Zeitung – Katja Schlegel 

In der Teigwaren-Produktion im Töpferhaus in Suhr riecht es nicht nach Griess oder Mehl, sondern nach Brot: Die «Pasta di Pane» bestehen zu knapp der Hälfte aus gemahlenem Altbrot. Damit wollen die drei Entwickler ein Zeichen gegen Food-Waste setzen.

In der Teigwaren-Produktion riecht es nicht etwa nach Griess und auch nicht nach Eiern. Sondern nach Brot.

Yanick lugt oben in die Knetmaschine, prüft dann die Pasta auf Länge und Farbe. Es passt.

Was da aus der Maschine purzelt, ist Pasta. Aber eben Pasta aus altem Brot, «Pasta di Pane». Das neuste Produkt aus der Lebensmittel-Werkstatt der Stiftung Töpferhaus in Suhr. Und das mit der längsten Vorgeschichte.

Die Idee zu «Pasta di Pane» entstand im September 2020. «Ich habe einen Bericht über Martin Göschel gelesen, der Brotreste zu frischen Teigwaren verarbeitet, statt sie wegzuwerfen», sagt Daniel Aeberhard, Geschäftsführer der Stiftung. Göschel, mit 18 «Gault-Millau»-Punkten und einem Michelin-Stern der aktuell höchstdotierte Koch im Kanton Bern, arbeitet seit 2017 im 5-Sterne-Luxushotel «The Alpina Gstaad».

Aeberhard, der in seinen Produktionsstätten ebenfalls grossen Wert auf das Verhindern von Food-Waste legt, war sofort angetan von der Idee. Also fragte er Göschel kurzerhand an, was er davon halte, gemeinsam mit dem Töpferhaus Teigwaren aus Brot zu entwickeln. Nicht frische, sondern Trockenteigwaren, die deutlich länger haltbar und deshalb für den Verkauf besser geeignet sind. «Martin Göschel ist ein sehr offener und interessierter Mensch und hat sofort zugesagt, gemeinsam diese Idee weiterzubringen», sagt Aeberhard.

Doch was ist schon ein gutes Rezept ohne Hauptzutat: «Erst haben wir bei Coop angefragt, ob sie uns altes Brot liefern könnten», sagt Aeberhard, das wäre aber logistisch zu kompliziert geworden. Also klopfte er bei einem Unternehmen an, das dem Food-Waste bereits den Kampf angesagt hatte: der Bäckerei Jaisli in Buchs. Auch Marc Jaisli habe sofort zugesagt. «Eine tolle Kooperation», sagt Aeberhard. «Wir alle drei wollen dem Brot eine zweite Chance geben.» Die Erfahrung habe ihn gelehrt: Wenn die Werte stimmen, stehen die Zeichen für Erfolg gut.

Die Knacknuss? Nicht etwa das Rezept

Bis sich der Erfolg einstellte, sollte es aber eine Weile dauern. Das Problem war nicht etwa das Rezept, nicht die Zusammensetzung. «Um das Rezept braucht man bei Teigwaren kein Geheimnis zu machen», sagt Aeberhard und lacht, «das Geheimnis ist der Trocknungsprozess.» Bis die richtige Dauer und die richtige Hitze – je nach Luftfeuchtigkeit – gefunden waren, habe es einige Versuche gebraucht.

Eine weitere Knacknuss: die Verpackung. Denn diese sollte natürlich – ganz im Sinne der Nachhaltigkeit – ohne Plastik auskommen. Neues Terrain für das Töpferhaus, das bis dato alle Teigwaren in Plastik einschweisst. «Wir haben vieles ausprobiert, von Graspapier bis hin zu Biofolie.» Geworden ist es schliesslich eine schlichte Papiertüte, von Hand bedruckt und mit einem Faden zusammengebunden.

Bereits mit Gold ausgezeichnet

Im Oktober wurden die «Pasta di Pane» offiziell lanciert, seither sind 1300 Pack produziert worden. Das Produkt kommt gut an, nicht nur der Idee, sondern auch dem Geschmack wegen. Etwas herber als herkömmliche Nudeln, schön bissfest; die Pasta besteht zu knapp der Hälfte aus Altbrot, das geschnitten, getrocknet, gemahlen und gesiebt wird, dazu kommen Hartweizengriess oder Ur-Dinkel-Mehl, Wasser und Eier. Übrigens: Kaum lanciert, wurden die «Pasta di Pane» auch bereits mit Gold ausgezeichnet: Das Töpferhaus gewann den «Socialstore-Award» in der Kategorie «Food, Genuss & Spezialitäten», eine Auszeichnung für Produkte aus Werkstätten sozialer Institutionen.

«Das ist für uns der zweite Gewinn, nebst dem guten Gefühl, etwas gegen Food-Waste beitragen zu können: der Gewinn dieser Kooperationen, das Entdecken neuer Welten», sagt Aeberhard. Dank dieser Zusammenarbeit entstehe so viel Wertvolles, so viel Synergie. «Als Institution für Menschen mit psychischen Problemen hilft es uns und vor allem unseren Klientinnen und Klienten sehr, in anderen Zusammenhängen wahrgenommen zu werden: Nicht als Einrichtung für leider noch immer stigmatisierte Menschen, sondern als Ort der Innovation.»

Der Artikel von Katja Schlegel

Bild: Mathias Förster

Sponsoring