Eine Schweizerin beim Urwaldvolk der Yanomami

Fokus

Sonntagszeitung – Die 1931 geborene Fotografin und Aktivistin Claudia Andujar wird im Fotomuseum Winterthur mit einer grossartigen Retrospektive gefeiert.

Zumeist sind es aber rundliche, jugendlich wirkende Gesichter im Profil, in Dreiviertelansicht, mit scharf geschnittenen Frisuren. Ein Mann liess seine Nase und sein Kinn mit Fibeln durchstossen. Ein anderer trägt eine nicht näher identifizierbare Kopfdeckung. Alle blicken vor sich hin. Wirken mit ihren leicht geöffneten Mündern vollkommen entspannt bei der Fotosession im Urwald, bei der sich die Fotografin Claudia Andujar viel Zeit nahm und ausschliesslich mit dem spärlichen Naturlicht gearbeitet hat, das durch die dichte Vegetation des Urwalds drang.

 

Die Fotos sind vor einem halben Jahrhundert entstanden. In den 1970er-Jahren lebte Claudia Andujar fünf Jahre bei den Yanomami, der grössten indigenen Volksgruppe im Amazonasgebiet. Das Territorium des ungefähr 30’000 Menschen zählenden Volkes ist zweimal so gross wie jenes der Schweiz und befindet sich im Nordwesten des Amazonas. Andujar hielt sich regelmässig im Dorf Catrimani auf, das sich im Südosten der von den Yanomami besiedelten Wälder befindet.
Geboren wurde die Fotografin 1931 in Neuenburg als Kind einer protestantischen Schweizer Mutter und eines jüdischen Vaters aus Rumänien. Sie wuchs mit dem Namen Claudine Haas in Rumänien auf. Früh trennten sich die Eltern. Ihr Vater und dessen ganze Familie kamen 1944/45 in den Vernichtungslagern der Nazis um. Nach dem Krieg wanderte die Mutter mit ihrer Tochter nach New York aus. Dort heiratete Claudine, die sich nun Claudia nannte, den Spanier Julio Andujar, von dem sie sich bald trennte, aber seinen Namen behielt. 1955 wanderte sie nach São Paulo aus und baute sich eine Existenz als Fotoreporterin und Pressefotografin auf.

 

Andujar fotografiert die Feste und Feiern der Indigenen nicht im Stile einer um Objektivität bemühten Dokumentarfotografie, sondern lässt sich auf das ausgelassene und entgrenzende Geschehen ein und passt ihre Bildsprache an. Sie arbeitet mit Doppelbelichtungen, überblendet ihre Bilder mit bewegtem Kerzenlicht, streicht Vaseline auf das Objektiv, um die Bilder im Ungefähren ausklingen zu lassen, und setzt in ihren wenigen Farbfotografien auf knallige, unrealistische Farben.

 

 

 

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