Die eigene junge Weltsicht nicht verwerfen

Fokus

elleXX – Tanya König –
Giorgia von Albertini, die wohl jüngste Kuratorin der Schweiz vermittelt Kunst fünfsprachig und mit Respekt. Zuweilen auch mit einer Portion Sturheit.
Das Portrait einer hartnäckigen Bündner Weltbürgerin.

Wenn Giorgia von Albertini gefragt wird, wie sie sie das alles erreicht hat, dann hält sie inne. Trotz ihrer jungen 29 Jahren wirkt die in Zürich lebende Bündnerin besonnen. Kein Wunder hat sie bereits wichtige Ausstellungen kuratiert: Für Hauser & Wirth in Somerset und St. Moritz, für den Schweizer Künstler Not Vital in Sao Paulo, im Engadin oder im Rahmen der diesjährigen Architekturbiennale in Venedig. Diesen Monat erscheint ihre Monographie über den mexikanischen Künstler Martín Soto Climént.

Mit der Publikation reist sie in den nächsten Wochen nach Rom, Paris und London. Kommende Woche eröffnet sie eine monografische Ausstellung des gleichnamigen Künstlers in der Zürcher Galerie Karma International.

Früher haben ihr manche abgeraten, Kuratorin zu werden. In der Kunstwelt ist die intellektuelle Arbeit, wie Kuratieren oder Schreiben, tatsächlich eine der am geringsten bezahlten Arbeiten. Und doch hat sich Giorgia von Albertini entschieden, Kuratorin zu werden. “Ich verkaufe mich nicht unter meinem Wert. Dagegen wehre ich mich”, betont sie.

“Ich bin der Meinung, dass in einer kapitalistischen Gesellschaft niemand unbezahlt arbeiten sollte”, ergänzt sie. Klar gebe es Momente, wo sie um Wertschätzung kämpfen oder sie als unabhängige Kuratorin in ihre eigene Karriere investieren müsse. Sie gehe Risiken ein, und tue alles dafür, dass die auserlesenen Projekte zustande kommen. Letztlich vermittle das Kuratieren massgeblich Kunst, gliedere sie in den Kanon der Kunstgeschichte ein und steigere somit auch deren Wert.

Mails können warten

Die Arbeit, die nimmt sie genau. Wenn sie mit Schreiben beschäftigt ist, dann weigert sie sich auch mal zwei Tage lang, ihre Mails zu beantworten. Einen typischen Arbeitstag gibt es nicht, aber typisch ist ihre Geschichte sowieso nicht.

Als Kind lebte sie im Niger, weil ihr Vater dort Koordinator für Schweizer Entwicklungszusammenarbeit war. “Es war eine sehr prägende Zeit”, schwärmt sie. Dort hat sie die französische Schule besucht, und somit nebst dem Romanischen als Muttersprache und dem Italienischen als Vatersprache, auch Französisch gesprochen. Mit neun Jahren kam sie in die Schweiz und lernte Deutsch.

Eine prägende Figur in Giorgia von Albertinis Leben war die Schweizer Kuratorin Bice Curiger, die 2011 als erst dritte Frau die Biennale in Venedig kuratierte und unter anderem eng mit der Künstlerin Meret Oppenheim und dem Künstler Sigmar Polke arbeitete. Von Albertini durfte das Archiv von Curiger aufarbeiten und erhielt dadurch einen tiefen Einblick in das Schaffen Curigers. “Es war quasi ein erweitertes Studium, da ich aus erster Hand erfahren konnte, wie es ist, als Kuratorin zu arbeiten”, sagt von Albertini, die egal ob auf Deutsch oder Englisch sich stets ausgewählt ausdrückt.

 

Sechs Jahre lang war von Albertini Studio Managerin des Schweizer Künstlers Not Vital und Kuratorin an seiner Stiftung. Auch er hat sie stark geprägt. Die Südostschweiz titelte damals: “Sie managt den Nomaden, sein Schloss und die Kunst”. In dieser Zeit reiste sie ununterbrochen: Not Vitals Studios befinden sich in Brasilien, China und der Schweiz. In dieser Zeit habe sie mehrere Ausstellungen im In- und Ausland kuratiert, sowie auch gelernt, wie man ortsspezifische und grosse Werke produziere und vermittle.

Sich an die Kunst heranwagen
Wie kommt man dazu – kaum den Bachelor in der Tasche – bereits für renommierte Figuren der Kunstwelt zu arbeiten, wie für Bice Curiger oder Not Vital?

 

Giorgia von Albertini hat es sich einfach zugetraut.

“Es ist wichtig, dass man als junge Person ältere Generationen respektiert, aber man soll seine eigene, junge Weltsicht nicht unterdrücken”, betont sie. Sie ist sich ihres Glücks bewusst, welches sie aber auch stets selbst in die Hand genommen hat: “Ich habe Bice einen Brief geschrieben und gesagt, wie sehr ich ihr Schaffen bewundere und gefragt, ob es eine Möglichkeit der Zusammenarbeit gäbe. Ich habe mich einfach getraut, ihr zu schreiben.”

 

Der Job als Kuratorin sei nicht einfach: “Sehr wenige Leute sind erfolgreich und können davon leben”. Es sei deshalb wichtig zu wissen, was man wolle und dann hart dafür zu arbeiten, sagt sie. Der Knackpunkt sei, herauszufinden, wofür man brenne. Und Giorgia von Albertini hat es schon früh gewusst. “Ich habe das Glück, meine Berufung gefunden zu haben. Das gibt mir die Energie, meiner Passion nachzugehen und hart dafür zu arbeiten. Ich bin froh, dass ich nicht auf die Leute gehört habe, die mir eine Karriere als Kuratorin abgeraten haben”, sagt sie lachend.

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