FOUNDED – Alysia Kugler
H55 hat seinen Ursprung im bekannten “Solar Impulse”-Projekt. Für die Co-Founder Gregory Blatt und CEO Martin Larose war schon immer klar, dass es nicht bei einem Projekt bleiben würde, sondern dass sie auf etwas Grösseres hinarbeiten wollen. In dieser Erfolgsgeschichte teilen die beiden Visionäre ihren Beitrag zu einem nachhaltigeren Luftverkehr.
H55 entstand als technologischer Ableger von Solar Impulse, dem solarbetriebenen Flugzeug, das von Japan nach Hawaii flog – ohne zusätzlichen Treibstoff. Dieses weltweite Novum diente als Sprungbrett, um die gewonnenen Erkenntnisse und Erfolge auf neue Projekte anzuwenden. Obwohl die Luftfahrtindustrie anfänglich skeptisch gegenüber elektrischer Antriebstechnologie war, änderte sich dies schnell. „Früher sagten sie, es sei unmöglich, und später kamen sie zu uns, um Rat zu holen“, erinnert sich Gregory Blatt.
Schon zu Beginn wollte H55 mehr sein als ein Beratungsunternehmen, wollten allerdings keine Flugzeuge selbst bauen. „Wir wollten unsere Technologie für verschiedene Akteure der Branche zugänglich machen: Flugzeughersteller, Zulieferer, Betreiber.“, erklärt Blatt. Der Fokus des Unternehmens liegt auf Energiemanagement und der Sicherstellung, dass elektrische Antriebe effizient und sicher sind.
Bedeutende Fortschritte konnte H55 mit der Zusammenarbeit des Branchenführers Pratt & Whitney Canada erzielen und die Aufmerksamkeit von Regulierungsbehörden wie der Civil Aviation Authority (CAA) gewinnen. Diese Anerkennung ebnete den Weg für internationale Venture Capital Investitionen, eine Seltenheit für Schweizer Unternehmen. „Hinter H55 steckt so viel Schweizer Ingenieurskunst, von der die meisten nichts wissen“, ergänzt er stolz.
Ein Meilenstein ist die bevorstehende Zertifizierung des ersten elektrischen Antriebssystems. Laut Blatt ist dies ein entscheidender Durchbruch, um mit kommerziellen Lieferungen zu beginnen. „Die Luftfahrt ist hochreguliert, und die Zertifizierung ist unverhandelbar“, betont er.
H55 zieht erfolgreich Talente an: Am Hauptsitz im Wallis arbeiten Fachkräfte aus 26 Nationen zusammen – ein kultureller Reichtum, der laut Blatt entscheidend für den Erfolg ist. Die Mission von H55 zieht vor allem junge Ingenieure an, die Umweltschutz und Luftfahrt miteinander verbinden möchten.
Die grösste Hürde für H55 bleibt allerdings die Zertifizierung. „Prototypen sind wichtig, aber die Zertifizierung ist eine ganz andere Liga“, erklärt CEO Larose. Unterschiedliche Standards in Europa, den USA und Kanada machen den Prozess komplex. Dennoch sieht Larose hier die Chance, neue Technologien sicher zu etablieren.
Wie zum Beispiel bei Flugschulen, wo grosses Interesse an kleinen elektrischen Flugzeugen gezeigt wird. „Die Technologie ist zuverlässig, wirtschaftlich und reduziert die CO₂-Emissionen. Zudem finden Schüler sie einfach cool“, so Larose. Hybridantriebe für Kurzstreckenflüge sind ein weiterer Schritt, der bis zu 35 Prozent Kosten und Emissionen einsparen könnte.
Das Unternehmen befindet sich im Übergang vom Laborbetrieb zur Massenproduktion. „Wir bewegen uns hin zu einer strukturierten Skalierung“, sagt Larose. Dies erfordert Automatisierung und strikte Protokolle. Das Ziel sei die grossflächige Produktion von elektrischen Antriebssystemen, mit Standorten in Sion und Kanada. Mit der anstehenden Zertifizierung und der Expansion in neue Märkte ist H55 auf dem besten Weg, die Luftfahrt nachhaltiger zu gestalten.