Was soll ich mal werden? Diese Frage stellt sich jeder. Früher wollte ich Prinzessin werden. Als ich älter wurde, merkte ich, dass sich der Traumprinz leider nicht im Wald finden lässt, wie bei Aschenputtel, somit musste ich umdenken. Meine Leidenschaft war schon immer die Handarbeit, so dachte ich mir Bekleidungsgestalterin wäre der richtige Weg. Leider ist der Lohn nicht sehr gut in diesem Bereich und das geheime Ziel meiner Mutter war es, dass ich eines Tages eine Familie ernähren kann, ohne abhängig zu sein.
Also lenkte sie mich in andere Bereiche wie Schreinerin, Restauratorin, Fachangestellte Gesundheit und Steinmetzin. Sehr schnell merkte ich, dass Fachangestellte Gesundheit nicht mein Bereich ist. Es musste etwas mit den Händen sein. Durch Zufall traf meine Mutter in der Migros eine alte Blauringkollegin und so erfuhr sie, dass der Mann von ihr als Steinbildhauer arbeitet so ging ich schnuppern. Dieser erkannte mein gutes räumliches Denken und mein handwerkliches Geschick. Aus diesem Grund verwies er mich an die Firma Bärlocher Steinbruch und Steinhauerei AG, bei der er selber die Lehre absolvierte. Es gefiel mir sehr gut und als ich dann auch noch die Lehrstelle erhalten habe, freute ich mich riesig.
Somit begann ich 2011 mit der vierjährigen Lehre als Steinmetzin. Nach der erfolgreich bestanden Abschlussprüfung nahm ich an der Schweizer Berufsmeisterschaft der Steinmetzen Teil und gewann diese. So konnte ich an der Berufsweltmeisterschaft in Abu Dhabi teilnehmen. Ich war DIE Beste, vielleicht ist noch wichtig zu erwähnen, dass ich auch die einzige Frau in diesem Beruf war und auch die erste Schweizerin bis jetzt, die für die Schweitzer Steinmetzen gehen konnte. Ich belegte den 7. Rang, aber es erfüllt mich jetzt noch mit Stolz.
Nach der Weltmeisterschaft begann ich eine Zweitlehre als Zeichnerin Fachrichtung Architektur. In meiner verkürzten Lehrzeit vermisste ich das Handwerk als Steinmetzin sehr.
Als ich die Anfrage von der Firma Bärlocher Steinbruch und Steinhauerei AG bekam, zu ihr in eine Kaderposition zurückkehren, welche mehr Verantwortung und die Möglichkeit, beide Berufe vereinen zu können, war der Fall schnell klar. So kam ich zu der Anstellung, die ich heute mit sehr viel Freude ausführe.
Rückblicken kann ich sagen, dass meine Mutter eine zentrale Rolle in meinem ganzen Werdegang hatte sowie meine drei älteren Brüder, bei denen ich lernte, mich durchzusetzen.
SWONET: Was fasziniert und begeistert Sie an Ihrer Arbeit?
Sonja Näf: Nebst dem alten Handwerk finde ich ebenfalls die überraschten Gesichter der Leute super. Wenn man sich ein Steinmetz vorstellt, denkt man eher an einen Mann, in der Statur eines Kugelwerfers und dann stehe ich da.
Ich liebe es, aus einem rohen Block etwas Schönen zu erschaffen zu können, ob als Steinmetzin oder als Planerin. Man sieht am Schluss ein Ergebnis.
SWONET: Wie betrachten Sie Karriere, früher und heute?
Sonja Näf: Früher wäre eine Frau in einem solchen Beruf unvorstellbar gewesen.
Auch krafttechnisch wäre es wahrscheinlich eher schwierig gewesen. Heute hat man jedoch viele Hilfsmittel, die das Tragen erleichtern. Meine persönliche Meinung ist, dass Frauen durchschnittlich mehr Geduld für das Detail mitbringen. Dies hat vor und Nachteile.
SWONET: Was ist Ihr Rat für Berufseinsteigerinnen oder Gründerinnen?
Sonja Näf: Wenn man Freude an Handarbeiten hat und auch etwas Geduld mitbringt, sollte man es einfach mal probieren. Es gibt viele Lehrbetriebe, die gerne den Beruf zeigen. Es werden auch immer Lehrlinge gesucht. Und was für mich damals auch noch wichtig war – ein Stein spricht weder französisch noch englisch.
SWONET: Wie starten Sie in den Tag?
Sonja Näf: Ich habe genau 20min Zeit für meine Morgenroutine zuhause inkl. Frühstück und Katzen kuscheln. Danach geht es zur Arbeit. Dort schalte ich den PC ein und los geht’s.