4 Fragen an Manuela Morelli – Inhaberin von Fragepunkt

NEWS

Ich wurde als Tochter von «Gastarbeitern» geboren. Eine kaufmännische Lehre wurde dazumal bereits als «sozialer Aufstieg» gefeiert. Dabei wollte ich ins Gymnasium, nur traute ich mich nicht, es meinem Lehrer zu sagen. So habe ich meine berufliche Zukunft dann selbst in die Hand genommen.

Nach meiner kaufmännischen Lehre, die ich mit Auszeichnung absolviert hatte, wagte ich mich an die Matur auf dem zweiten Bildungsweg heran. Das war eine taffe Zeit. Das Romanistikstudium habe ich hingegen sehr genossen. Das Studium habe ich mir selbst finanziert durch lukrative Teilzeitstellen dank meiner kaufmännischen Lehre.

Nach dem Studium hatte ich auch als «brotlose» Geisteswissenschaftlerin, so wie wir genannt wurden, schnell einen Job in der Marketing- und Motivforschung. Da war ich Junior-Projektleiterin und konnte aufgrund meiner Sprachkompetenz die Westschweiz ab den 1. Tag übernehmen. Obwohl ich nicht Gymnasiallehrerin werden wollte, was aufgrund des Studiums naheliegend war, merkte ich schnell, dass ich sehr gerne Gruppenexplorationen moderierte.

Ich entdeckte per Zufall ein Inserat in der Zeitung, die Coaches für die berufliche Integration suchten. Ich wusste sogleich, das möchte ich machen! So bin sich seit 2004 im Bereich Personalentwicklung, Training und Beratung im HR-Bereich unterwegs. Im 2008 habe ich mein erstes Unternehmen, die NewPlacement Academy GmbH gegründet mit zwei weiteren PartnerInnen. Im 2020 habe ich mein 2. Unternehmen als Solopreneurin gegründet und widme mich ganz dem Midlife-Coaching für Frauen im Umbruch ihrer Lebensmitte. Ich stehe für ein neues Narrativ der Frau in der Lebensmitte ein für mehr Sichtbarkeit in Wirtschaft und Gesellschaft.

Fragepunkt.ch 


SWONET: Was fasziniert und begeistert Dich an Deiner Arbeit?

Manuela Morelli: Ich habe es mit wundervollen Frauen im Umbruch ihrer Lebensmitte zu tun, die so viel erreicht haben. Denn nebst den emanzipierten Rollenbildern – unabhängig sein, taff sein, Karriere machen…- sind auch traditionelle Erwartungen unhinterfragt wirksam – sich darum kümmern, für alle da sein… Viele Frauen in der Lebensmitte sind erschöpft, einfach müde. Und sie empfinden es als individuelles Problem, eben nicht gut genug zu sein, sich doch noch mehr anzustrengen, sich zu optimieren. Doch das hat Systematik, politisch, wirtschaftlich und kulturell. (siehe auch das Buch von Franziska Schutzbach, «Wider die weibliche Verfügbarkeit. Die Erschöpfung der Frauen». Hier möchte ich Gegensteuer bieten, sodass die Frauen im Umbruch ihrer Lebensmitte ihre Weichen neu stellen und im Einklang mit ihren Werten, Stärken und individuellen Rahmenbedingungen ihr Leben gestalten.

 

SWONET: Wie betrachtest Du Karriere, früher und heute?

Manuela Morelli: Ich war noch nie «macht- und karrieregetrieben», meine Charakterstärke ist die Liebe zum Lernen. Mir ging es immer darum, mich weiterzuentwickeln, zu lernen am Puls der Zeit zu sein. Wer mit wem kommunizieren darf, Hierarchiestufen berücksichtigen, ist mir einfach zu anstrengend. Deshalb war ich Feuer und Flamme von der Theorie U von Otto Scharmer und Laloux «Reinventing Organization» für sinnstiftenden Formen der Zusammenarbeit. Aber nicht alle Führungskräfte können Macht delegieren und Status als Rolle neu denken.

 

SWONET: Was ist Dein Rat für Berufseinsteigerinnen oder Gründerinnen?

Manuela Morelli: In meiner 1. Führungsrolle fühlte ich mich als junge Frau inmitten von ExpertInnen und «Senior» Coaches sehr alleine gelassen. Das würde ich niemanden zumuten. Ein Führungscoaching hätte mir sehr viel Orientierung gegeben.

Im 2008 habe ich ein Unternehmen gegründet mit einem Geschäftspartner und später ist noch eine Geschäftspartnerin dazugekommen. Meinem Geschäftspartner war es wichtig, die Mehrheit der Anteile und damit den Stichentscheid zu haben. Als Vorsitz beanspruchte er auch mehr Lohn. War ja klar, ist ja auch ein Mann und hatte die Finanzen inne… Da ich eben nicht Macht- und Karrieregetrieben bin, war das im Nachhinein ein grosser Fehler. Wir alle hatten unterschiedliche jedoch ebenso gleichwertige Rollen und Aufgaben inne.

Deshalb verkaufe dich nie unter deinem Wert!

Und im Nachhinein betrachtet war es auch ein grosser Fehler nicht ausgehandelt zu haben, wie die Vorgehensweise wäre bei einem unüberwindbaren Konflikt. Und natürlich, wie es finanziell aussehen würde. Aber aus meinen Learnings profitieren nun meine Kundinnen.

Ein weiterer Tipp an Berufseinsteigerinnen: unbedingt mit anderen Frauen vernetzen und Netzwerkveranstaltungen on- wie offline nutzen!

 

SWONET: Wie startest Du in den Tag?

Manuela Morelli: Mit einem feinen Cappuccino mit Haferdrink😊 und online-Zeitung. Das ist ein Ritual, welches ich mir zugestehe, mit Ruhe und Gelassenheit zu starten.

 

 

 

Sponsoring