4 Fragen an Elfi Bohrer – Inhaberin Galerie für Gegenwartskunst

Porträt

Ich bin eineinhalb Jahre nach Kriegsende geboren und in tiefster Provinz in Oberösterreich aufgewachsen.

Weil ich als Kind sehr gerne gezeichnet habe, war es mein Wunsch, die Kunstgewerbeschule zu besuchen.

Der Zeichnungslehrer verhinderte dies – nicht genug Talent.

Also entschied ich mich für die zweijährige staatliche Handelsschule, was sich rückblickend sicher als sinnvoll herausgestellt hat.

Neugierde, Reise- und Risikomut sind sicher einige meiner Eigenschaften.

Mit 18 brach ich auf in die grosse weite Welt – ins Appenzell, um nach weiteren eineinhalb Jahren nach Edinburgh zu wechseln, zum Perfektionieren meines Schul-Englisch.

Von dort hat mich die Textilfirma im Appenzell dann als Chefsekretärin zurückgebeten. Mit den fünf Pfund in der Woche, die für Zigaretten und Weniges, sowie die Reise nach Montreal an die Expo 67 herhalten mussten, bin ich mit wehenden Fahnen zurück ins Ausserrhodische.

Nach weiteren eineinhalb Jahren und der Erkenntnis, dass mir für mein berufliches Weiterkommen Französisch fehlte, bewarb ich mich bei einer Pariser Au-pair-Agentur. Die Chefin dort suchte gerade einen Ersatz für ihre deutschsprachige Sekretärin und engagierte mich nach einem Telefonat praktisch vom Fleck weg.

Das war schliesslich der noch grössere Sprung ins kalte Wasser, was neue Sprachgebiete betraf. Doch es gelang und Paris war für mich ein absoluter Augenöffner in kultureller Hinsicht. Meine Wochenenden verbrachte ich zu grossen Teilen in den Museen und in den geschichtsträchtigen Gebäuden und Quartiers, in Oper und Kino. Immens beeindruckt hatte mich gegen Ende meines Aufenthalts eine Expressionisten-Ausstellung im Grand Palais. Das Plakat dazu vom «Schrei» von Munch hat mich viele Jahre von Ort zu Ort begleitet.

Nach Paris wollte ich in die Schweiz zurück, jetzt nach Zürich, was sich aufgrund der Schwarzenbach-Abstimmungen als schwieriger erwies als erwartet.

Nach Stationen in Zürich und später in Luzern, wo ich in einem der frühen Data-Center bereits mit 27 Jahren Personalverantwortung für die Data-Typistinnen übernahm, verfolgte ich meine Karriere zielgerichtet. Mein Ausländerstatus hat damals allerdings noch Manches verhindert, was sich nach meiner Heirat und dem Schweizer Pass drastisch veränderte.

Nach einem neunmonatigen Aufenthalt in San Franzisco – mein Mann war von seiner Bank als Devisenspezialist zuerst nach New York, dann eben nach S.F. beordert worden, kehrte ich alleine via Asien in die Schweiz zurück, neun Länder in drei Wochen, ich schwelgte!

Und jetzt ging es karrieremässig rasant aufwärts. Ich übernahm die neue SWIFT-Abteilung in einer international tätigen Bank, bekam nach neuen Monaten die Handlungsvollmacht, ein Jahr später die Leitung der ganzen Fremdwährungszahlungsabteilung mit ca. 25 Mitarbeitern.

In dieser Zeit entwickelte eine externe Software-Firma die Automatisierung des Zahlungsverkehrs und Devisenhandels, ergo hatte ich die Bedürfnisse und Anforderungen zu spezifizieren, neben der Abteilungsleitung. Nach einem viersemestrigen Vorgesetzten-Seminar am IAP war mir sehr bewusst geworden, was ich nicht mehr wollte – diesen Dauerstress. Ich wechselte in die Organisation, als Koordinationsstelle zur externen Software-Firma.

Das war mein Sprungbrett in die Selbständigkeit. Ich gründete meine Beratungs-AG, spezialisiert auf die Entwicklung des Bankzahlungsverkehrs und brachte meine Spezialkenntnisse ein.

Dank einer fordernden Ausbildungsreihe, der Lehre von der Ontologie, stiess ich auf die Entdeckung, dass, wenn alles möglich wäre, keine Beschränkung – ich eine Galerie führen wollte. Von dem Moment weg verfolgte ich dieses Ziel, mit Verve und Dauereinsatz. Zwei Jahre später hatte ich die Galerie, die ich im April 1991 als absolute Quereinsteigerin eröffnete.

Die Terror-Barrier war immens, doch der Einsatz, das Ergebnis und der Erfolg sind unbezahlbar. Fünf Jahre lang habe ich den angestammten Beruf weiter gemacht, um «mein Kind» zu füttern. Es war und ist die herausforderndste Aufgabe meines Lebens.

In diesem Jahr darf ich das dreissigjährige Jubiläum feiern.

Galerie für Gegenwartskunst


SWONET: Was fasziniert und begeistert Sie an Ihrer Arbeit?

Elfi Bohrer: Die Konfrontation mit Kunst und die Begegnung mit Menschen, die Vermittlung von Kunst. Die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler – ich zeige nur, was ich selber besitzen will, wo ich Gehalt und Auseinandersetzung spüre – und die jahrelange vertrauensvolle und erspriessliche Zusammenarbeit, das Miteinander weiter gehen.

Über die Jahre ist der Prozentsatz der weiblichen Kunstschaffenden aus dem In- und Ausland kontinuierlich gestiegen, er liegt heute bei ca. 70 %. Das Kombinieren und Kuratieren der jeweiligen Ausstellung, jedes Mal ein spannendes und neues Erlebnis. Und natürlich die Freude am Verkauf, wenn Werke ihr neues Umfeld finden. Auch sehr viele meiner Kundinnen und Kunden sind zu geschätzten Freunden geworden. Und wichtig: es gibt keine Altersguillotine!

 

SWONET: Wie haben Sie den Begriff Karriere nach der Ausbildung gesehen und wie sehen Sie Karriere heute?

Elfi Bohrer: Für mich war zu Beginn, nach Abschluss der Schulen, ganz klar, dass ich weiter kommen und Karriere machen wollte – weg aus dem kleinen Nest. Ich wollte autark sein, unabhängig, die Welt kennenlernen. Dank dem (auch finanziellen) Erfolg in der Bank und später in der Selbständigkeit, ist es für mich fraglos möglich geworden, den Schritt weg vom Monetären in die sinnstiftende und täglich fordernde Aufgabe zu machen.

 

SWONET: Welchen Tipp geben sie Berufseinsteigerinnen oder Gründerinnen?

Elfi Bohrer: Neugierig sein, zielgerichtet vorgehen, Neues anpacken, Einsatz leisten – mehr als die 100 %. Grosse Aufmerksamkeit auf die gewählte Partnerschaft legen. Sich mit fähigen/fähigeren Menschen umgeben, vor allem auch in der Zusammenarbeit.

 

SWONET: Wie starten Sie in den Tag?

Elfi Bohrer: Mit einem Dank, dass ich lebe, lebendig sein darf und heute Magisches und Wundervolles in mein Leben lasse, dann mit ca. 10 Minuten Morgengymnastik.

Unbenannt

 

 

Sponsoring