ON STAGE – 4 Fragen an Dr.med. Danuta Zemp – Kantonsärztin St. Gallen

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Von Grundausbildung Medizinerin mit Studienabschluss an der Universität Bern habe ich die ersten Jahre meines Berufslebens in der klinischen Tätigkeit an Patientinnen und Patienten verbracht.

Ich war insgesamt 5 Jahre an unterschiedlichen Spitälern und in unterschiedlichen Fachbereichen klinisch tätig.

Mein Interesse an strategischen und politischen Prozessen im Gesundheitswesen hat mich zum Verlassen der klinischen Tätigkeit und zur Aufnahme des Masterstudiums in Public Health bewogen.

Während des Masterstudiums war ich als Aids-Beauftragte des Kantons Zürich in der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich tätig und konnte zum ersten Mal Public Health Luft schnuppern, mit der Vogelgrippe erste Erfahrungen im Krisenmanagement machen.

Die hier gesammelten Erfahrungen prägten meine weitere Karriere.

Direkt nach Abschluss meines Masterstudiums und der Absolvierung der Facharztprüfung bot sich mir die Gelegenheit, als Kantonsärztin Stv. in den Kanton Tessin zu wechseln. Der Umzug ins Tessin verlangte mir eine gute Portion Mut ab, denn meine Italienischkenntnisse waren zu diesem Zeitpunkt durchaus verbesserungswürdig. Ich fasste mir aber ein Herz und zog mit Kind und Kegel in die Sonnenstube der Schweiz.

Die Tätigkeit am Dipartimento della sanità e della socialità in Bellinzona hat mir den Einblick in die Gesundheitspolitik, die Planung und Steuerung der Gesundheitsversorgung und die Verwaltungsprozesse auf Stufe Kanton und Bund gewährt. Ich hatte die Gelegenheit zur Leitung grosser Projekte wie z. B der kantonalen Pandemieplanung oder des Aufbaus des kantonalen Palliative-Care Versorgungsnetzes und konnte mich kantonal wie national im Bereich von Public Health sehr gut vernetzen.

Nach beinahe 10 Jahren im Tessin bekam ich im Jahr 2017 die Chance, als Kantonsärztin in meinen Heimatkanton St.Gallen zu wechseln. Durch diesen Wechsel verlagerte sich mein Tätigkeitsbereich noch weiter in die strategische Richtung. Kaum im neuen Amt Fuss gefasst, stellte mich der Beginn der SARS-CoV-2 Pandemie vor sehr grosse Herausforderungen und ich war um jede bisherige Berufserfahrung und mein Netzwerk froh.

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Wie bei allen Kantonsärztinnen und Kantonsärzten steht nun seit bald 1.5 Jahren das Krisenmanagement der Pandemie bei meiner beruflichen Tätigkeit im Vordergrund. Es gilt die fachliche Führung im kantonalen Führungsstab zu übernehmen, die politische Ebene zu beraten, fortlaufend Strategien und Prozesse zu entwickeln und sich stets mit den anderen Kantonen und den Bundesbehörden abzustimmen. Besonders wertvoll hierbei sind die enorm engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Teams sowie die enge Zusammenarbeit mit den Kantonsärztinnen (ZH, GL, GR, AR, TG) der Ostschweiz.


SWONET: Was fasziniert und begeistert Sie an Ihrer Arbeit?
Danuta Zemp: Kantonsärztin zu sein bedeutet für mich, dass kein Tag wie der andere ist, dass ich stets am Puls der Zeit an aktuellen Themen im Gesundheitswesen mit ganz unterschiedlichen Ansprechpartnern arbeiten kann und dass ich Verantwortung für die Bevölkerung in meinem Kanton übernehmen darf. Die übergeordnete Gesamtsicht auf das Gesundheitssystem fasziniert mich am Public Health jeden Tag. Viel Erfahrung verlangt die „Vermittlerrolle“ der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte, die sie zwischen der klinischen (Spitäler, Ärzteschaft, Organisationen, Institutionen etc.) und der politischen Welt häufig wahrnehmen. Besonders faszinierend finde ich jedoch das breite Feld der Krisenkommunikation. Sie wird nach wie vor als zentrales Instrument der Krisenbewältigung unterschätzt. Für mich ist es unheimlich spannend und herausfordernd Kommunikationsinhalte vorzubereiten und sie sinnstiftend zu präsentieren, wenn Zeitdruck und Ungewissheit die Situation bestimmen.

 

SWONET: Wie haben Sie den Begriff Karriere nach der Ausbildung gesehen und wie sehen Sie Karriere heute?

Danuta Zemp: Mit 25 Jahren sah ich den Begriff der Karriere mit einem bestimmten Positionsziel verbunden z. B der Position einer Chefärztin oder einer CEO. Heute verstehe ich unter Karriere eine ständige Weiterentwicklung, die nicht eine bestimmte Position zum Ziel hat, sondern den bestmöglichen Einsatz der individuellen Fähigkeiten.

Mein Motto: Mach das, was dich fasziniert und was du am besten kannst, mit Einsatz und Herzblut, und der Erfolg wird dich finden!

 

SWONET: Welchen Tipp geben Sie Berufseinsteigerinnen oder Gründerinnen?
Danuta Zemp: 
Plant längerfristig!
Viele Frauen verzichten auf eine berufliche Weiterentwicklung, da sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht sichergestellt sehen. Ich möchte Frauen ermutigen, einen offenen Dialog mit ihren Partnern und ihren Vorgesetzten zu führen und gemeinsam längerfristige berufliche Planungen vorzunehmen. Es profitieren alle, wenn auf der einen Seite beide Eltern eine Familienzeit im Beruf einbauen und auf der anderen Seite Frauen mit Familie im Arbeitsprozess bleiben, denn Frauen sind eine überzeugende Antwort auf den Fachkräftemangel in der Schweiz.

 

SWONET: Wie starten Sie in den Tag?

Danuta Zemp: Mein Tag beginnt in der Regel um 6.00 Uhr. Der erste Gedanke gilt meinem Mann, der unter der Woche in Zürich arbeitet und mir jeden Morgen eine Nachricht schickt. Danach entlockt mir meistens unser Familienkater Krümel mit seinen Aktivitäten im Bad ein herzhaftes Lachen. Bei einem kurzen Frühstück mit meinen Zwillingen wird die Tageslogistik besprochen, bevor sich alle aufbrechen. Auf dem Weg ins Büro gehe ich im Kopf die Themen und Termine des Tages durch, bevor es um 7.30 Uhr im Büro losgeht.

 

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