Gerne bezeichne ich mich selbst als Weltbürgerin. Geboren wurde ich Thun im wunderschönen Berner Oberland. Als ich neun Jahre alt war, entschieden sich meine Eltern dazu – Mutter Schweizerin, Vater Italiener – nach Süditalien in das 1’700 Seelen Dorf meines Vaters auszuwandern. Was damals ein richtiger Kulturschock war, sehe ich heute als Bereicherung. Die beiden Welten haben mich geprägt und mich zu der Frau gemacht, die ich heute bin. Ich pflege zu sagen, dass in mir ein italienisches Herz schlägt und ein Schweizer Hirn tickt. Nach dem Sprachgymnasium in Süditalien kam ich als 20-Jährige zurück in die Schweiz. Der Anfang meiner Reintegration war schwer. Den beruflichen Einstieg fand ich in der Hotellerie.Ich startete am Empfang, entwickelte mich weiter und durfte in der Kongress- und Eventorganisation sowie im Marketing und dem HR die unterschiedlichsten Erfahrungen sammeln.
2003 wechselte ich dann in die Privatwirtschaft. 2008 startete ich bei der Schindler Gruppe. Zuerst in einer operativen und ab 2018 in strategisch-konzeptionellen HR-Rolle. Ich erhielt die Chance meinen klassischen HR-Erfahrungsrucksack auch mit den Schwerpunkten Employer Branding, Compensation & Benefits, Trainingsentwicklung- und Moderation sowie Diversity & Inclusion zu ergänzen. Ab dem Jahr 2020 durfte ich die Leitung des Bereichs Learning & Development übernehmen.
Seit April 2022 bin ich nun beim Migros Genossenschaftsbund tätig. Der gemeinsame Nenner in meiner beruflichen sowie privaten Laufbahn sind und bleiben die Menschen. Ja! Ich liebe ihre Vielfalt und in ihre Einzigartigkeit.
Dank der Hotellerie, meiner Herkunft und meinem offenen Wesen habe ich mich schon immer mit den unterschiedlichsten Menschen wohlgefühlt. Mich faszinieren andere Persönlichkeiten, unterschiedliche Kulturen, Weltanschauungen und Glaubensrichtungen sowie andere Sprachen. Ich selbst spreche fliessend zu den beiden Mutter- bzw. Vatersprachen auch Englisch und Französisch.
Als «Italienerin» in der Schweiz habe ich als Kind erfahren, was Ausgrenzung heisst. Genau deshalb setze ich mich auch für mehr Diversität und Inklusion ein. Ich bin überzeugt, dass Diversität und gelebte Inklusion eine enorme Energie freisetzt und Innovation dank unterschiedlicher Perspektiven ermöglicht. Besonders stolz bin ich darauf, dass ich 2019 gemeinsam mit vier Schindler Kolleg*innen die Pride & Friends Community bei Schindler gegründet habe.
Mit viel Engagement und Unterstützung von Teilnehmenden unseres Talentprogramms, durften wir 2020 das Swiss LGBTI-Label als erstes Unternehmen der MEM-Branche erlangen. Das interne informelle Netzwerk zählte knapp 200 Mitarbeitende der Community und deren Allies aus sieben verschiedenen Ländern.
Und weil mich generell die Sinnhaftigkeit in dem was ich tue und der Wille etwas verändern zu wollen, antreibt, engagiere ich mich weiterhin stark für Diversity & Inclusion, unter anderem, indem ich an Podiumsdiskussionen teilnehme oder jungen Frauen als Mentorin zur Seite stehe. Werte wie Respekt und Offenheit sind für mich keine Floskeln, sondern finden Ausdruck in meinem täglichen Handeln und einer gelebten inklusiven Kultur.
SWONET: Was fasziniert und begeistert Dich an Deiner Arbeit?
Claudia Ciullo: Menschen, ihre Facetten und ihre Einzigartigkeit aber auch die Vielfältigkeit von Beziehungen, einfache wie herausfordernde. Ich bin von der Lebensgeschichte anderer fasziniert und liebe die Interaktion mit ihnen. Als Führungskraft und Trainerin liebe ich es, Menschen für eine Sache zu begeistern, zu bewegen und ihnen Mut zu machen, neue Dinge zu wagen.
SWONET: Wie betrachtest Du Karriere, früher und heute?
Claudia Ciullo: Diese Frage finde ich sehr spannend. Als ich ein Teenager war, wollte ich unbedingt Innenarchitektin werden. Leider hiess es: «Die Schule ist zu weit weg (65km in der Provinzhauptstadt Lecce), du bist noch zu jung, wir wollen nicht, dass du unter der Woche allein lebst. Lerne doch stattdessen Sprachen in dem nahegelegenen, per Schulbus erreichbaren Sprachgymnasium, das kannst du gut gebrauchen und magst du doch auch ganz gerne». Ich fügte mich dem Entscheid meiner Eltern. Schon damals war mir klar, es geht im Leben nicht immer gradlinig vorwärts. Ich habe gelernt, dass Hindernisse und Steine, die einem den Weg versperren, auch eine Chance sein können, etwas ganz Neues und Spannendes zu erleben. Die Sprachkenntnisse z.B. haben mir manche Türe geöffnet. Und ja, ich bin überzeugt, genau in solchen Situationen gelernt zu haben, immer das Beste aus jeder Situation zu machen.
SWONET: Was ist Dein Rat für Berufseinsteigerinnen oder Gründerinnen?
Claudia Ciullo: Mach immer das, was dir Spass macht, denn dann machst du es sicher gut. Sei aber auch bereit Dinge zu tun, die dir nicht so viel Spass machen und nicht so leicht von der Hand gehen, denn an denen wächst du noch mehr. Sei immer ehrlich zu dir selbst und höre auch auf dein Bauchgefühl.
SWONET: Wie startest Du in den Tag?
Claudia Ciullo: Wenn der Wecker um 6.00 Uhr klingelt, springe ich voller Energie aus dem Bett. Nein, ich bin definitiv kein Morgenmuffel. Unverzichtbar sind für mich meine morgendlichen Rituale, welche auch mal bis zu zwei Stunden einnehmen können. Ich schalte die Musik ein, höre Nachrichten, rolle meine Yogamatte aus und trinke beim Blick über das wunderschöne Küssnachter Seebecken meine grosse Tasse Kaffee. Nach einer erfrischenden Dusche checke ich meine Agenda, sortiere meine Gedanken, und bereite mich geistig auf meinen Tag vor. Und spielen sie gerade einen coolen Song im Radio, singe ich lauthals mit und tanze durch meine Wohnung.